EBERSBERG / Kath. Pfarrkirche St. Sebastian / Altarblatt
Kath. Pfarrkirche St. Sebastian, ehem.
Stifts- und Wallfahrtskirche. Lichte Hallenkirche des späten 15.
Jh.s von Erhard Randeck unter Einbeziehung von
Teilen des Vorgängerbaus aus der Zeit um 1230. Eingezogener
vierjochiger Langchor im Osten, vierjochiges Langhaus mit drei gleich hohen Schiffen und
spätromanische Eingangshalle im Westen mit dem kraftvollen Turm an der Südseite, welcher
doppelte Eckstrebepfeiler besitzt. Die vier unteren Turmgeschosse mit Eck- und Mittellisenen
sowie
Rundbogenfries
um 1230, die Obergeschosse und die welsche Haube nach 1781. Vom Nordturm
existiert nur das Untergeschoß. Nördlich am Chor Herz-Jesu-Kapelle.
Inneres. – In den Turmerdgeschossen breite, leicht abgefaste Rippen, die von einem
Mittelpfeiler ausgehen und auf stattlichen, z. T. gehörnten Kragsteinen ruhen; die Rippen im
ersten Obergeschoß des Südturms enden in einem Schlußstein. Mithin für Oberbayern eine der
ältesten Konstruktionen dieser Art, nach den Einzelformen mit einer Gruppe von Bauten in
Salzburg (Franziskanerkirche, Kreuzgang von St. Peter), >>Bad Reichenhall (St.
Nikolaus), >>Altötting (Kreuzgang) und >>Burghausen (Süd- und Westbau des inneren
Schlosses) verwandt. –
Sechs schlanke, 1733
ummantelte
Pfeiler von 1480 tragen das weite, nach dem Brand von
1781 erneuerte
Langhausgewölbe, dessen gotische Reste noch über der Orgel
erkennbar sind. – Von der ersten
Ausmalung des Chors
1751/52 die zehn Wandbilder mit Wundertaten des hl. Sebastian erhalten, aus dem
Umkreis Johann Baptist Zimmermanns; von der ersten
Ausmalung des Mittelschiffs
1764 durch Joseph Ignaz Schilling das Fresko
über der Empore mit Sebastian vor Diokletian. Die übrigen
Fresken
1783 von Franz Seraph Kirzinger: im Langhaus
Taufe Christi im Jordan und Pflege der Kranken durch die Malteser, in den Seitenschiffen
Bergpredigt und Werke der Barmherzigkeit; im Chor der hl. Sebastian als Fürbitter. Am
Chorbogen Wappen aus der Ebersberger Geschichte und kurbayerisches Wappen. An der Westwand
Reste eines monumentalen
Christophorusfreskos, Anfang 16. Jh. –
Stuck im Chor
1751/52, wohl Zimmermann-Werkstatt. Der zarte
Stuck im Bereich der westlichen Doppelempore und der Seitenschiffe aus den 1760er Jahren, der
Feichtmayr/Üblher-Werkstatt zugeschrieben.
Die untere Empore mit
Fenstern geschlossen, über einem spätgotischen Spitzbogengewölbe; an den Ecken vier
individuell gestaltete Konsolbüsten mit Wappen und Schriftbändern; im Nordwesten
Büste des Werkmeisters Erhard Randeck mit
der Jahreszahl 1484; die südwestliche Konsole mit dem Wappen Abt Häfeles.
Ausstattung. – Den Chor in seiner ganzen Höhe füllender, trotzdem lichter
Hochaltar aus der Mitte des 18. Jh.s; im Schrein lebensgroßer
hl. Sebastian
um 1630 aus dem Umkreis Michael Zürns d. Ä.,
flankiert von den Apostelfürsten und den Jesuitenheiligen Franz Xaver und Ignatius. In den
Seitenschiffen
Stuckmarmoraltäre des 18. Jh.s: in den Altären des
nördlichen Seitenschiffs an der Chorbogenwand
Altarblatt Mariä Unbefleckte
Empfängnis, um 1650, Caspar Amort d. Ä.
zugeschrieben. An der Nordwand
Vesperbild, bez. 1598, und
Bärenwunder des hl. Korbinian; im südlichen Seitenschiff an der Chorbogenwand
Altarblatt mit Predigt Johannes d. T.s von Kirzinger, bez. 1785. An der Südwand
Gemälde der Hll.
Drei Könige aus dem Umfeld Peter Candids
und Martyrium des hl. Bartholomäus. In der Herz-Jesu-Kapelle
Herz-Jesu-Altar
des 18. Jh.s. –
Kanzel und
Beichtstühle
18. Jh., im nördlichen Seitenschiff achteckiger
gotischer
Taufstein.
Orgel von 1763. – In der Vorhalle
Thronender hl.
Sebastian
um 1620 aus dem Umfeld der Brüder Zürn; rechts
davon
Altarblatt von Johann Christoph
Storer, Mitte 17. Jh., aus der 1807 abgebrochenen Ebersberger
Pfarrkirche St. Valentin. – Das wuchtige Portal mit
Beschlägen des 15.
Jh.s; zwei
Türzieher wohl des frühen 13. Jh.s, einer davon
Kopie, das Original im Bayerischen Nationalmuseum München.
Grabdenkmäler.
– Zahlreiche
Grabplatten und Epitaphien des 14.–16. Jh.s,
insbesondere für die Äbte des Klosters sowie das angesehene Turnieradelsgeschlecht der
Pienzenauer zu Wildenholzen und Zinneberg, die bis
zu ihrem Aussterben im 19. Jh. ihre Grablege in der Herz-Jesu-Kapelle besaßen. – Unter der
Empore die künstlerisch und kulturgeschichtlich hochbedeutende
Stiftertumba,
ein Meisterwerk des Wasserburger Bildhauers Wolfgang Leb,
an der Deckplatte sign. Das von Abt Sebastian Häfele in Auftrag gegebene
Werk wurde erst nach 1500 unter seinem Nachfolger,
Abt Leonhard, vollendet. Die Deckplatte, die ein gewelltes Schriftband
umzieht, ziert ein Relief der Muttergottes unter einem Baldachin aus gotischem Sprengwerk.
Zwei Engel halten einen Brokatvorhang über die Stifter, Graf Ulrich von
Sempt und seine Gemahlin Richardis von Kärnten, die gemeinsam
das Modell der Klosterkirche halten. Unter der Platte kniet Abt Sebastian Häfele, zu seinen
Seiten die Wappen des Stifterpaars. – In der Herz-Jesu-Kapelle, die früheren
Tumbadeckplatten für den Ritter Otto von Pienzenau (†
1371) und seine Schwiegertochter Katharina von Pienzenau, geborene von
Waldeck († 1374), jeweils mit figürlichen Relief der Verstorbenen,
zwei kostümgeschichtlich und künstlerisch sehr bedeutende Arbeiten eines Münchner Meisters. –
Epitaphien für den Kammerpräsidenten Christoph von
Pienzenau († 1578), dgl. für Caspar von
Pienzenau († 1588) und für Sophia von Pienzenau
(† 1588), ferner für die Äbte Joachim († 1580)
und Sigmund († 1584) mit einer Ansicht des Klosters von
Süden. – Im Langhaus:
Grabplatte eines Knaben aus dem Geschlecht der
Pienzenauer, gesetzt 1496 und ausgeführt von Leb, der in einem Dreipaß ein nacktes Knäblein als Wappenschildhalter zeigt. An
der Westinnenwand
Fragment der Tumba für Abt Philipp
Höhenberger († 1412) mit dem Relief des Verstorbenen, eine ganz
vorzügliche Arbeit des Meisters der Straubinger Albrechtstumba.
Sakristei. – Nördlich am
Chor, mit reich verziertem Portal, schirmartig gespanntem Sterngewölbe und
Kreuzigungsfresko. Mitte 15. Jh.
Sebastianskapelle. – Heller, dreijochiger tonnengewölbter Raum über der Sakristei; 1668 von
dem Jesuitenbruder Heinrich Mayr aus München erbaut.
Schwerer italienisch beeinflußter
Stuck mit Fruchtgehängen und Engelsköpfchen,
Michael Schmuzer zugeschrieben. Die in Kartuschen
eingesetzten
Ölbilder und das
Altarblatt mit Szenen aus dem
Leben des hl. Sebastian. – Im
Marmoraltar von 1671 die reich
geschmückte silberne
Reliquienbüste mit der Hirnschale des hl. Sebastian,
um 1450. – Die vier zwischen Pilastern eingebauten
Glasschränke
enthalten
Reliquienaltärchen,
kirchliches Gerät und
Schnitzfiguren, darunter ein
hl. Sebastian
um 1420,
Anna selbdritt und die hll. Ulrich, um 1500,
Antonius und Magdalena, um 1760, wohl aus der Werkstatt (Franz) Ignaz Günthers.
Raum über der Sebastianskapelle. – Kleiner
Altar aus >>Haselbach,
18. Jh., mit den
Schnitzfiguren der Muttergottes, um
1320, des
hl. Augustinus, um 1420, sowie der
hll.
Markus und Sylvester, um 1650.