HANSESTADT LÜBECK / Ev. Jakobikirche / Lasset die Kindlein zu mir kommen
Ev.
Jakobikirche, beherrschend über dem Koberg, an
dessen Südseite sie hinter den Predigerhäusern von 1601
emporragt. Geräumige, dreischiffige Stufenhallenkirche aus Backstein,
fünfjochig, mit polygonalem Dreiapsidenschluss, quadratischem Westturm
zwischen Turmseitenkapellen, Dachreiter und seitlichen Anbauten. –
Erste Erwähnung 1227. Die Baugeschichte ist
für die Anfänge noch ungeklärt, eine Rekonstruktion
als dreischiffige Basilika hypothetisch. Kern der unter Planwechseln
entstandenen heutigen Anlage sind Teile einer wohl im mittleren
13. Jh. unabhängig von der St.-Marien-Halle
errichteten Hallenkirche, die auf braunschweigische und westfälische
Vorbilder schließen lässt. Erhalten die vier westl.
Langhausjoche mit den Außenmauern. Die Joche im Mittelschiff
unterquadratisch, in den verschieden breiten Seitenschiffen mehr oder weniger
längsgestreckt. Die quadratischen Freipfeiler mit
Eckrundstäben vor abgeschrägten Kanten und
laubwerkgeschmückten Kämpferbändern (in einem von
ihnen Fabelwesen und Menschenköpfe). In den Seitenschiffen breite,
rechteckige Wandvorlagen für schwere Gewölbegurte bzw.
frühgotische Dienste aus Viertel- und Halbrundstäben in den
beiden westl. Jochen des nördl. Seitenschiffs. – In der
Nordwestecke Gewänderest eines frühgotischen Seitenportals.
– Von den Fenstern, die groß und spitzbogig waren, eins
vollständig als Innenblende im mittleren Joch auf der Nordseite (hinter
der Seitenorgel) erhalten, außen nur im oberen Teil sichtbar, hier der
Spitzbogen in einen gleichzeitigen altertümlichen Rundbogenfries
einschneidend. Auf der Südseite sind die oberen Bogenabschnitte aller
vier Fenster unter den Dächern der Seitenkapellen zu sehen, in
Spitzbogenfriese einschneidend. Die unterschiedlichen Detailformen deuten auf
eine längere, uneinheitliche Bauentwicklung. E. des 13. Jh. begann man,
angeregt durch den hochgotischen St.-Marien-Chor, die Halle zur Basilika
umzugestalten: die Mittelschiffswände wurden bis zum Anfang
großer, vierbahniger, in der unteren Zone blinder Obergadenfenster
(über den Gewölben sichtbar) erhöht, die breiten
Mittelschiffsgurte abgearbeitet und in Form rechteckiger Wandvorlagen (wie etwas
später im Langhaus der Katharinenkirche) weitergeführt. Man
begnügte sich jedoch schließlich mit einer Stufenhalle und
verlängerte diese um ein im Mittelschiff queroblonges, in den
Seitenschiffen annähernd quadratisches Joch mit polygonalem
Dreiapsidenschluss, einer schematisierten Weiterentwicklung des originellen
Chorschlusses von St. Petri: das mittlere 5/8-Polygon verschmilzt
seitlich mit zwei kleinen 4/6-Polygonen. Außen am Chorhaupt dicht
gestellte, gestufte Stützpfeiler, im Winkel zwischen dem mittleren und
dem südl. Polygon eine Wendeltreppe. Hohe, zwei- und dreibahnige
Spitzbogenfenster. Abschließend einheitliche Einwölbung
über hoch sitzenden Laubwerkkonsolen auf den Wandvorlagen. Die
Chorweihe 1334 bedeutet wohl auch das
Ende der Bauarbeiten. – Hölzerne
Schlusssteinscheiben
15. Jh.
Die Westturmanlage
enthält den Unterbau eines zur ersten Halle gehörigen
quadratischen Einturmes. Im Zuge der Umgestaltung zur Basilika wurde eine
Doppelturmanlage beg., jedoch als die Türme die Höhe der
Seitenschiffe erreicht hatten, aufgegeben, der alte Mittelturm erhöht
und seitlich durch Strebebögen über pfeilerartig ausgebildeten
östl. Eckversteifungen der nun als Kapellen mit Pultdächern
abgedeckten Turmstümpfe gestützt. Die drei
kreuzrippengewölbten Turmkapellen sind mit hohen Spitzbogen zu den
Hallenschiffen hin geöffnet. Die beiden frei aufragenden Turmgeschosse
zeigen eine reiche Horizontalgliederung durch Kalksteingesimse und einen
Vierpassblendenfries nach dem Vorbild der Türme von
St. Marien. Das Turmobergeschoss in schmalen holländischen
Ziegeln 1636 erneuert; der
schöne kupfergedeckte Helm, der sich über einer geschweiften,
von vier Kugeln umstellten Einziehung als schlanke, achtseitige Pyramide erhebt,
1657 von K. Walter (zwei
Alternativ-Modelle im St.-Annen-Museum). Über dem Ostteil eines alle
drei Schiffe zusammenfassenden, Seitenkapellen und
Stützpfeilerköpfe einbeziehenden kupfergedeckten Satteldaches
(am Turm Spur eines älteren, tiefergelegenen) nachgotischer Dachreiter
von 1622/23 in Form einer
achtseitigen, einmal gestuften, luftigen Laterne aus Holz mit
fialengeschmückten Eckpfeilern und hohem, bleigedecktem
Spitzhelm.
Kapellenanbauten des 14. Jh. (etwa
ab 1335): An der Südseite bis
auf die älteste, niedrigere Brömbse-Kapelle
schiffshoch, die Tiefe zwichen den Stützpfeilern ausnutzend, mit
gepaarten, dreibahnigen Spitzbogenfenstern. An der Nordseite die beiden westl.
Kapellen (Einsegnungs- und
Hl.-Leichnams-Kapelle) aus je einem etwa quadratischen Joch
vorspringend, mit eigenen pfannengedeckten Satteldächern und
blendengezierten Giebeln. Die Fronten durch zwei Gruppenfenster, aus zwei
dreibahnigen, hohen Spitzbogenöffnungen mit gemeinsamem Scheitelokulus,
betont. Heute als Winterkirche durch eine Glaswand abgeteilt. Östl.
anschließend eine halbhohe Eingangshalle mit Wendeltreppe im westl.
Teil. Portale im 19. Jh. erneuert.
Schiffshohe,
zweigeschossige Sakristei im
Südosten, spätestens A. 15. Jh., mit
unregelmäßigem, dreiseitigem Ostschluss,
Stützpfeilern und pfannengedecktem Satteldach. Die Räume drei-
und (oben) zweijochig überwölbt. – An der Nordseite
der Kirche
Kalksteinrelief,
Christus vor Pilatus, 1493, erste Station des ehem.
Kreuzweges zum Jerusalemsberg.
Ausmalung 1964/65 nach Befund aus dem
2. V. 14. Jh. wiederhergestellt, weiß mit rot und
grün betonten Pfeilerkanten, Gewölberippen,
Kapitelbändern und Konsolen. An den Pfeilerflächen
Kalkmalereien um
1330/40 (1889 entdeckt, 1931 sichtbar gemacht, nicht
ergänzt, jüngste Restaurierung 1996 abgeschlossen). Kolossale
Heiligengestalten unter Maßwerkbogen, teilweise Darstellungen ihrer
Martyrien in Bogenfeldern zu Füßen,
großflächig und in schwungvollen Linien, unter westlichem
Einfluss; neben den Malereien an der Nordwand des Heilig-Geist-Hospitals die
qualitätvollsten Beispiele gotischer Wandmalerei in Lübeck.
Dargestellt von Osten nach Westen im Norden: Johannes d. T., Petrus,
ein Apostel, hl. Laurentius; im Süden: Johannes Ev., Christophorus, hl.
Philippus. An der Nordwand Reste eines Jüngsten Gerichts der gleichen
Zeit. – In der Hogehus- oder
Haleholtscho-Kapelle (Nordseite) aus
der Zeit bald nach 1350 an der Westwand in Rankenarkaden
überlebensgroß
Christophorus und Jakobus
d. Ä. mit knienden Stiftern dazwischen, an der Ostwand hl.
Katharina und zwei weibliche Heilige mit kniender Stifterin und Tiergroteske. Um
den Schlussstein des Gewölbes Ranken mit Vögeln. –
Reste einer Renaissanceausmalung in der mittleren Turmkapelle an der Ostwand
unterhalb der Empore, an der Südseite deutlicher erkennbar Ritter vor
einer Architektur. –
Wappenscheiben von
1583 (eine) und 1767
(drei).
Hochaltar 1717 von
H. J. Hassenberg,
Lübeck, Stiftung des nachmaligen Bürgermeisters
Hermann Rodde als Grabmal-Altar. Hoher
Architekturaufbau unter dem Einfluss des ehem. Hochaltars der Marienkirche von
Th. Quellinus (1696/97),
Holz, schwarzmarmorn bemalt, weiß marmorierte Säulen, etwa
lebensgroße Vollfiguren aus weißem Marmor und Gips. Die
palladianische Konchenarchitektur des Vorbildes wurde dekorativ und hierzulande
vertrauten Formen gemäß abgewandelt (vgl. auch die Varianten
in Lübeck-Travemünde, -Genin, -Schlutup und Wesselburen): auf
hohem, zweizonigem Sockel eine kolossale, aufgelockerte
Freisäulenarchitektur mit Mittelnische, die sich jedoch nicht als
Konche schließt, sondern in einem hohen Auszug mit seitlichen Voluten
und gebrochenem Giebel endet. In der Nische über einem sarkophagartigen
Sockel mit dem Abendmahlsrelief mehrfigurige pyramidale Gruppe der Grablegung,
urspr. konzipiert als Trauergruppe mit Pietà, jedoch vermutlich schon
während der Ausführung geändert. Zwischen den
flankierenden Freisäulen vor schräg gestellten Schmalfeldern
zwei weibliche Freifiguren mit Fackeln, außen Stifterbüste und
-wappen. Im Auszug Freifiguren des triumphierenden Christus, assistiert von
Putten und Engeln, die Leidenswerkzeuge halten und ihn bekrönen. Vor
dem Hauptgebälk schwebender Engel mit Schriftband und Putten.
Zugehörige Altarbrüstung mit
Akanthusdocken. –
Brömbse-Altar um
1500. Mittelteil, Sandstein, wohl von E. v. Roden,
Münster/Westfalen (ähnlich die Chorschrankenreliefs in
St. Marien). Im bühnenartigen Schrein mit
überhöhter Mitte, von Maßwerk auf komplizierte Weise
in zwei gestaffelten Schichten gerahmt, vorne breit mit Nebenhandlungen
erzählte Kreuzigung, im Hintergrund Kreuztragung und Auferstehung,
figurenreich, doch klar gruppiert. Die feinfühlige Gestaltung,
insbesondere der Köpfe, zeichnet sich durch einen
niederländisch geprägten lyrischen Realismus aus. In der
Predella Nischenfiguren der hll. Antonius, Christophorus, Georg und Sebastian.
Die hölzernen Flügel bemalt. Die kleinen oberen, dem
Liesborner Meister zugeschrieben,
zeigen die Erscheinung des auferstandenen Christus vor Maria und
Maria-Magdalena, außen en grisaille die Verkündigung, die
großen unteren, wohl erst um
1515 entstandenen, innen die Stifterfamilie des
Bürgermeisters Heinrich
Brömbse mit ihren Hll. Bartholomäus, Georg,
Anna Selbdritt und Barbara, vor schönen
Landschaftshintergründen, außen en grisaille Jakobus d.
Ä. und hl. Nikolaus, qualitätvolle Malerei unter
niederländischem Einfluss. –
Gemäldetriptychon, A.
16. Jh. im Stil der niederländischen
Frührenaissance. In der Mitteltafel figurenreiche Kreuzigung vor weitem
Landschaftshintergrund. In den Flügeln das kniende Stifterpaar mit
seinen Schutzheiligen Thomas und Jakobus in hohen, auf tiefe Landschaften
geöffneten Bogenhallen. Außen en grisaille die hll.
Christophorus und Sebastian als Gewappnete in Rundbogenarchitekturen.
–
Bronzetaufe
1466, von C. Grude gegossen.
Kesselfünte ähnlich der Taufe im Dom, die drei knienden
Trageengel nach denselben Modellen gegossen. Die etwas derben, realistischen
Apostelfiguren unter Kielbogenmaßwerk vielleicht nach Modellen des
Meisters vom Swarte-Altar in St. Marien. Der reich geschnitzte
Taufdeckel
1630 von H. Sextra
II. Über einer durch Rippen gegliederten Kuppel
große achtseitige Säulenlaterne, bekrönt von Putten
mit Tugendsymbolen und einer Gruppe der Taufe Christi. Im Inneren der Laterne
Jakob mit dem Engel kämpfend. Gleichzeitig der Unterbau mit
gotisierendem Gitterwerk. –
Holzkanzel 1697/98
von J. J. Budde. Korb
des Emporentyps in breiter und schwerer, sparsam dekorierter Form, auf
Hermenvoluten. Der achtseitige Schalldeckel dagegen reich mit Akanthusvoluten
und großer Freifigur des auferstandenen Christus, Kanzeltür
von zwei Säulen gerahmt und bekrönt durch den
Salvator.
Gestühle: Zweisitz (
Vorstehergestühl, urspr. Erbstand
der Familie Lüneburg), M.
15. Jh., elegant beschnitzt. Kehlbaldachin mit
durchbrochener Maßwerkstirn, seitlich Familienwappen. Seiten- und
Zwischenwangen mit Maß- oder Faltwerkschnitzereien und vorgelegten
Säulchen, auf den Lehnen zwei liegende Löwen und ein
Drache. –
Brauer- und
Ratsdienerstuhl 1520 (unter der
Westempore), einander ähnlich, dem verbrannten Bergenfahrerstuhl in der
Marienkirche nachgebildet, jedoch derber. Auf den Seitenwangen gelagerte
Männerfiguren, darunter Heiligenreliefs in Nischen. Ausdrucksvolle
Maskenmisericordien und Kopfknäufe. Reste schlichter, gotischer
Gestühle und Sitzreihen. –
Spangenbergscher Stuhl (rechts neben dem
Altar) 1576. Reiches Renaissancewerk
niederländischer Prägung mit tonnengewölbtem
Baldachin, der vorne von zwei zierlichen korinthischen Säulen auf der
Brüstung, rückseitig von kleinteiliger, durch
Halbsäulen gegliederter, z. T. schrankenartig durchbrochener Wand
getragen wird. Auf dem an der Stirnseite als Zwillingsbogen gestalteten
Baldachin Kopfkartuschenaufsätze und Schnitzfiguren (der
Sünder zwischen Moses und Johannes d. T.), sowie auf
übergreifender Volutenbügelkrone der
Auferstandene. – Mehrere Kastengestühle um die
Pfeiler gruppiert, von denen drei westl. z. T. mit beschnitzten
Vertäfelungen bekleidet sind.
Gestühle und
Vertäfelungen in der Hauptsache zwischen 1613 und
1634 aus der Werkstatt der Familie Sextra (Kirchentischler von
St. Jakobi). Die schlichten, nur durch ornamentale
Querfüllungen in den Friesen ausgezeichneten Gestühle sind
verändert und mit älteren und jüngeren Teilen
zusammengesetzt. Der
Schifferstuhl am dritten
Südpfeiler zeigt neben schönen Knorpelwerkfüllungen
mit figürlichen, meist allegorischen Reliefs Akanthusfüllungen
mit Gildewappen und Dreimaster von 1687. Die
Vertäfelung des fünften Südpfeilers 1613 von
H. Sextra I,
die anderen von seinem Sohn, alle in ähnlicher Weise über
einer Sockelzone durch Hermenpilaster und intarsierte Bogenfüllungen
gegliedert und mit reich beschnitzten Konsolgesimsen abschließend.
–
Wandvertäfelungen in der Sakristei
von 1699, Friese mit Stifterwappen, Felder mit Muscheln
bemalt, an einer Seite Giebel mit gemalten und ausgesägten Allegorien;
in der mittleren Turmkapelle von 1699, über dem Gesims gemalte
biblische Szenen, braun und grau, in reicher Umrandung.
Schranken; Zwei einander ähnliche in der Einsegnungskapelle
und der Hogehus- oder Haleholtscho-Kapelle, wohl
Teile der ehem. Chorschranken
um 1334, mit Diagonalgittern aus Eisen und
schön beschnitzten Abschlussgesimsen; in den Friesen
vierpassförmige Reliefs, Christus und Apostel bzw. humoristische
Szenen. In der Warendorp-Kapelle
Schranke des späten
15. Jh. vom gleichen Typ.
Westempore, 1639
(Südteil) und 1649 (Nordteil), von
H. Sextra II. Die
Brüstung mehrfach flach gebrochen zur Mitte vorspringend, reich durch
Hermenpilaster und einen Konsolenfries mit ornamentalen Querfüllungen
gegliedert. In den Feldern gemalte Brustbilder von Christus, Evangelisten und
Aposteln, Moses, David und vierzehn Propheten. Zugang über die
prachtvolle
Wendeltreppe des 1844
abgebrochenen Lettners, 1619 von H. Sextra I, ein
frühes Beispiel für die Auseinandersetzung mit dem
Knorpelornament. Die geschwungene Treppenbrüstung durch Hermenpilaster
und schmale, schlüssellochartige Felder gegliedert; reich
ornamentierter Sockelfries. Auf der Treppenspindel Freifigur des Apostels
Paulus. Zugehöriges korinthisches Säulenportal mit
bekrönendem Ädikulaaufsatz, der ein Relief der Auferstehung
einschließt, Spes und Fides. In komplizierter Rahmenfüllung
der Tür Relief des Kirchenheiligen. Der ehem. Zugang über eine
Wendeltreppe in der
südl. Turmkapelle mit geschnitztem Antrittpfosten von
1784. – Reste der
Seitenempore im südl. Seitenschiff
1634 von H. Sextra II, in neuer
Zusammensetzung. Gliederung ähnlich wie die Westempore. Die
zugehörige Treppe (jetzt in der Warendorp-Kapelle) in Anlehnung an die
Lettnertreppe, jedoch mit durchbrochenen Bogenfeldern und entwickeltem
Knorpeldekor.
Große Orgel über der
Westempore die Turmwand füllend. Der Aufbau aus Hauptwerk, Empore mit
Rückpositiv und zusammenfassenden seitlichen Basstürmen,
1671–73 von dem Kirchentischler J. Ehmcke, schließt einen
umfangreichen spätgotischen Kernbestand ein. Der Unterbau der Empore
aus drei großen
Rippenkonsolen auf grotesken Masken vor
einer Maßwerkvertäfelung laut Inschrift zu einer Orgel
um 1464–66 gehörig. An der
Rückseite des Unterbaus Tragebalken auf ausdrucksvoll geschnitzten
Konsolfiguren von
1573 (Inschrift). Der flache, siebenachsige
Hauptprospekt des laut Balkeninschrift 1504 von P. Lasur geschaffenen Werks noch
spätgotisch, abwechslungsreich gegliedert, mit Rankenschleiern,
geschweiften, von Kreuzblumen bekrönten Abschlüssen der
mittleren Pfeifenkästen und mit Maßwerkkämmen auf den
gerade geschlossenen seitlichen, dazwischen hohe Fialen. Von dem einst in die
Tiefe des Turmraumes reichenden spätgotischen Werk blieb die
später mit Rokokogerank schablonenmäßig bemalte
Verschalung erhalten. Der untere Sprengebalken auf zwei Figurenkonsolen mit
Inschrift. Die Basstürme und das gedrängt aus Spitz- und
Rundtürmen gestaffelte
Rückpositiv von
1673 mit hochbarocken Knorpelwerkschleiern und
Aufsätzen in Form von achtseitigen Tempelchen, Kartuschen und
Freifiguren von König David und zwei Musikantenengeln. Die barocke
Brüstung enthält als Felderfüllungen
spätgotisches Maßwerk. Das Werk 1894 erneuert. –
Kleine Orgel im mittleren Joch
auf der Nordseite im Wesentlichen spätgotisch mit altem Werk.
Schlichter, fünfachsiger Hauptprospekt von
1515 mit breitem, durch Astwerkschleier und
Kielbogenschluss betontem Mittelfeld und sich seitlich höher stufenden,
turmartigen Pfeifenkästen. Die Empore mit schöner
Maßwerkbrüstung aus dem
späten 15. Jh., von zwei schlanken
Rippenkonsolen auf Stützfiguren (Narr und Mönch) getragen.
Rückpositiv und
Brustwerk 1637 von F. Stellwagen. – Ehem.
Lettnerorgel
1673, wohl von J.
Richborn (neues Orgelwerk in altem, schrankartigem
Orgelgehäuse). –
Uhr in architektonischer Rahmung,
1784. In den Zwickeln des Zifferblattes gemalte
Evangelistensymbole. Auf dem gebrochenen Giebel allegorische
Schnitzfigürchen (Chronos zwischen Vanitasfiguren), D. J. Boy zugeschrieben. –
Holzkruzifix aus verlorenem
Zusammenhang, 1. V. 15. Jh.,
Astkreuz, Corpus mit mehreren Fassungen.
Gemälde:
Untergang des Schiffers Thomas
Köster am 31.Oktober 1508,
A. 16. Jh. Bei der Wiederherstellung 1786 Rahmen und strophische Schilderung des
Unglücks erneuert. –
Denkgemälde für den Schiffsprediger
Sweder Hoyer1566, mit lateinischem Nachruf. –
Denkgemälde für Pastor
Peter Christian Friemersheim,
um 1574, Predigt in einer Renaissancekirche,
manieristische Komposition und lateinische Inschrift. –
„
Lasset die Kindlein zu mir
kommen“ 1690, angeblich von
J. H. Schwartze, in
kolossalem Format. –
Christus am Ölberg
1721, angeblich von M. Schlüter. –
Christus am Kreuz
1817, Kopie von J. L. W. Förster
nach einem Gemälde von 1676 aus der Marienkirche. –
Mehrere
Pastorenbildnisse des
17. und frühen 18. Jh., die meisten
lebensgroß, in ganzer Figur. –
Gedenktafel für den
1565 gefallenen Feldherrn Johann
Rantzau, Sandstein, Inschrift in schlichtem
Pilasterädikularahmen.
Unter den zahlreichen
Epitaphien zu nennen: Mehrere geschnitzte
Totenschilde mit bekrönenden
Wappen, 16./17. Jh. –
Heinrich
v. Brömbse (†
1645), buntbemalter, geschnitzter Stammbaum, ehem. um
ein Auferstehungsgemälde in einen Spitzbogenrahmen geschmiegt. Statt
des Gemäldes jetzt ein Ovalbildnis des Stifters und weitere
Wappen. –
Sager
(† 1660), gemaltes Bildnis (Hüftstück) in gerahmtem
Bogenfeld, seitlich mit Säulen; Wappenkartusche, zwei Engel und der
Auferstandene als Bekrönung, Unterhang und
Knorpelwerkdekor. –
Wulff 1671
von J. Wittfoht, vom
Typus des vorigen, jedoch in schwungvoller, hochbarocker Ausprägung mit
gedrehten Säulen und prächtigem Knorpelwerkdekor. Im Bildfeld
das kniende Stifterpaar von J. H.
Hartbrunner beiderseits eines geschnitzten Kruzifixes
gemalt. –
Engenhagen
1685, Ovalbildnis in geschnitztem Rahmen mit zwei Gerippen auf Kugeln, die Sonne
und Mond und Kartuschen mit emblematischen Darstellungen halten, sowie zwei
Putten in symmetrischer Anordnung vor einer Draperie. – Mehrere
Barockepitaphien mit
Ovalbildnissen vor pyramidalen oder geschweiften Stelen auf breiten
Kenotaphsockeln, mit Putten und allegorischen Figuren:
Reiche
1697,
Stuhlmann
(† 1712),
Lavrenzen
(† 1722),
Reinesius
(† 1745). –
Andreas Albrecht v.
Brömbse († 1757), elegant
geschwungener, hoher Rokokoaufbau über geschweifter Konsole, schwarzer
und weißer Marmor. In der Mitte die Büste des Verstorbenen,
seitlich Chronos und die trauernde Minerva. In die bekrönende Stele
meißtelt ein Putto eine Devise. – Unter den z. T. stark
abgetretenen
Grabplatten
hervorzuheben:
v. d.
Recke (†
1559), seltenerweise aus Gusseisen, mit Flachrelief der
Verstorbenen unter doppelbogigem Muschelbaldachin, Umschrift, großen
Wappenmedaillons in den Ecken. Darüber zugehörige gusseiserne
Gedenktafel mit Kruzifix zwischen Wappen. –
Mangels
(† 1582), Steinplatte mit Relief eines Geharnischten.
– Zwei
Lichterbäume des Amtes der Maurer
und Dachdecker, 2. H. 15. Jh., beide
in gleichen Formen, geschnitzt und gefasst. Auf hohen Tragestangen sechsseitige
Tabernakel mit Eckfialen und Kielbögen, darin Doppelfiguren, Madonna im
Strahlenkranz und hl. Reinoldus (?). Die bekrönenden
Kandelaber in Kreuzblumenform von zwei Engeln gehalten. – Drei
Messingkronleuchter: ein
zierlicher Renaissanceleuchter des 16. Jh. mit
schildhaltendem Löwen und einer Doppelmadonna darüber als
Bekrönung, zwei prächtige
Barockkronen von 1645 und
1676. – Zahlreiche
Messingwandleuchter des 16. und
17. Jh. Besonders reich ein doppelarmiger aus
Knorpelwerkvoluten mit den Wappen Lüneburg/Wibbeking, wohl aus den
1630er Jahren, und ein weiterer von 1641 aus Akanthusvoluten mit
bekrönender Statuette des Guten Hirten. –
Altarleuchterpaar, Silber teilvergoldet,
1690 von H. Schmidt I. Auf rundem, gebuckeltem
Fuß mit getriebenem Blütenwerkdekor ein bewegter Engel, eine
Palme und Kelch oder Hostienteller haltend, auf dem Kopf die Lichtschale.
– Unter den Glocken zu nennen die
Pulsglocke 1507
von G. v. Wou,
Bronze, mit Zierfriesen, Inschriften, kleinem Relief, Christus mit Weltkugel und
Kirchenmarke.