PFARRKIRCHEN / Wallfahrtskirche zur Schmerzhaften Muttergottes / Stuckaturen
Wallfahrtskirche zur
Schmerzhaften Muttergottes (Patrozinium: Auferstehung
Christi). Barocke Zweiturmanlage, auf dem Gartlberg gelegen.
Kultentwicklung. Vgl. die Schilderungen auf den beiden Bildtafeln um 1800 in
der Vorhalle. Auf dem Gartlberg entstand 1659 eine Heiliggrab-Kapelle. In
demselben Jahr heftete ein Pfarrkirchener Hutstepper ein Vesperbild, das er
von einem protestantischen Bürger aus Regensburg erworben hatte, zur
Verehrung an einen Baum. Der Zulauf des Volkes verstärkte sich 1660 nach der
Rettung eines in eine Wassergrube gefallenen Mädchens. Um den Baum herum
erbaute man eine hölzerne Kapelle. Franziskaner aus Eggenfelden betreuten
die Wallfahrt seit 1660. Schon ein Jahr später wurde der Grundstein zur
Kirche gelegt, in die man 1687 das Gnadenbild übertrug. Die ursprüngliche
Heiliggrab-Kapelle war 1677 abgebrochen und im Anschluss an den Chor der
Kirche neu errichtet worden.
Baugeschichte. Begonnen 1661. Als
Baumeister hatte man den aus Graubünden stammenden Domenico Cristoforo Zuccalli berufen. Die Grabkapelle
errichtete Carlo Antonio Carlone d. J.
aus Passau. Bau und Ausstattung haben sich länger hingezogen. 1688 Weihe der Kirche. Seit
1688
Ausstattung des Chores.
Stuckaturen samt
Hochaltar von Giovanni Battista Carlone und Paolo
d’Allio, beide damals im Passauer Dom tätig.
Freskobilder von Carl Adam. Ausgestaltung des Langhauses erst seit
1713 durch deutsche Künstler. Stuckaturen von Ehrgott Bernhard Bendl aus Augsburg, gebürtig
aus Pfarrkirchen. Fresken von Johann Paul
Vogl aus Kößlarn und Johann Eustach
Kendlpacher aus München.
Äußeres. Einschiffige Anlage mit wenig eingezogenem,
gerade geschlossenem Chor und zweitürmiger Westfassade. Die Kuppeltürme,
seitlich etwas über die Langhausmauern ausspringend, sind bis zum
umlaufenden Traufsims mit der Vorhalle zusammengefasst. Darüber stattliche
Höhenentwicklung mit drei quadratischen und zwei oktogonalen Freigeschossen;
überleitend flache gesprengte Blendgiebel. Das Dach des Langhauses zwischen
dem Turmpaar abgewalmt. Westportal 1958 schlicht rekonstruiert. Östlich am
Chor die polygonal geschlossene Grabkapelle. Ihre originelle Gliederung aus
Spitzbogenblenden mit trennenden Dreiviertelsäulen folgt der Tradition, die
sich für Kopien der Heiliggrabkapelle gebildet hatte: Altertümliche Züge
sollten auf das Jerusalemer Vorbild verweisen.
Inneres überraschend durch die dichte Stuck- und Freskodekoration. Das
Langhaus umfasst drei, der im Verhältnis geräumige Rechteckchor zwei Joche.
Stichkappen-Tonnengewölbe. Gliederung im Langhaus durch breite flache
Wandvorlagen, denen doppelte kannelierte Pilaster mit korinthischen
Kapitellen vorgesetzt sind. Im Chor einfach gestellte Wandpilaster. Ein
straff durchgezogenes, reich profiliertes und verkröpftes Gebälk bindet die
Raumteile zusammen. Rundbogige Fenster, zusätzlich querovale Oberlichter in
den Gewölbeschildflächen. Orgelempore über der Vorhalle, im Zwischenraum des
Turmpaares; vorgesetzt eine flache Sängerbühne in der Breite des
Schiffes.
Dekoration des Chores
um 1690. Prächtiges Beispiel für die Ausstrahlung der im
Passauer Dom entfalteten Barockkunst italienischer Prägung. Weißstuckaturen
formsicher und voluminös durchgebildet (Carlone und d’Allio). Vom
rosa getönten Grund bleibt nur wenig sichtbar. Blüten- und Blattstäbe,
erstere mit gerieften Bändern, feldern kreuzweise die beiden Gewölbejoche
und betonen die Gurte. Kreuzungen durch umkränzte Rosetten akzentuiert. Die
acht Felder des Gewölbes füllen Gemälde in Rahmen aus Muschel- und Rollwerk,
begleitet von Zweigen mit Blüten, Früchten etc. – Gemälde (C. Adam) in schwerer Farbigkeit befangen:
Bitten des Vater-Unser-Gebets, dargestellt durch Inhalte des Alten und Neuen
Testaments bzw. durch Sinnbilder der Verehrung Gottes, Christi u. a. – An
den Gewölbeschildflächen stuckierte Putten, Lorbeerkränze und Ranken als
Rahmung der Okuli.
Hochaltar von Carlone und d’Allio1688/89. Die
Säulen
1713 von dem Münchener Stuckateur Georg
Josef Paader ersetzt. Monumentaler Stuckaufbau, den flachen
Chorschluss vollständig füllend. Marmorierung rötlich und grau. Die
verkröpften Säulenstellungen samt Gebälk- und Giebelstücken flankieren das
große, in weißem Stuckrahmen eigens gefasste
Gemälde: Auferstehung Christi mit den drei Frauen am Grabe. Das
vorzügliche Werk bez. von Franz Ignaz
Bendl aus Pfarrkirchen, 1687. Beeinflusst von
der Malerei des Rubens. Große
Weißstuckfiguren: Engel, Engelshermen, St. Joseph, St. Joachim.
Stuckdekoration des Auszuges mit der des Gewölbes verknüpft. Auf dem neoklassizistischen
Tabernakel das Gnadenbild.
Dekoration des Schiffes.
Stuckaturen seit
1713 (Bendl). Sie sind
ebenfalls reich gehalten, aber verglichen mit dem Stuck des Chores dekorativ
gestreut und ohne Prägnanz behandelt. Der Grund, in einfachem Rahmenwerk
strukturiert, ist hellgelb und rosa getönt. Darauf weiße Bandwerk- und
Rankenkartuschen, Engelsgruppen in Wolken mit Blütengehängen etc. – Die
beachtlichen Freskobilder (Vogl und
Kendlpacher) licht gehalten. Sie
haben die Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses zum Inhalt.
Hauptbilder: Paradies mit der Erschaffung Evas (Glaube an Gott, den Schöpfer
Himmels und der Erden …); Anbetung der Hirten mit Verkündigung im
Hintergrund (Glaube an Jesus Christus, empfangen vom Hl. Geist, geboren von
der Jungfrau …); Kreuzigung mit Ecce-Homo und Grablegung (… gelitten,
gekreuzigt, gestorben und begraben …). Weitere Glaubenssätze: Ovalbilder am
Gewölbeansatz, am Chorbogen und an der Westwand.
Kanzel
1692–94. Schreinerarbeiten von Wolf
Stadler aus Arnstorf. Bildschnitzarbeiten von Michael Christoph Emmerer und Simon Hörmann, beide aus Pfarrkirchen.
Prächtige polygonale Anlage, marmoriert. Figuren weiß-gold, Inkarnate
naturalistisch. Instrumentiert mit Säulchen und Schnitzwerk. In den Ädikulen
Standfiguren Christi und der Evangelisten sowie fünf Kirchenväter. Als
Schalldeckelbekrönung Figur des hl. Michael.
Stuckmarmorportale südl. und nördl. im
Schiff, offenbar von Georg Josef Paader,
1715.