APOLDA / Ev. Martinskirche

Ev. Martinskirche (Ritterstraße). Stattliche Chorturmkirche aus Bauteilen unterschiedlichen Alters. Der Gründungsbau wohl mit einer der beiden 1119 genannten Apoldaer Kirchen identisch; bis 1896 Pfarrkirche der Stadt. Abgegangene mittelalterliche Bauteile unter dem heutigen Chor archäologisch nachgewiesen. Tiefgreifende Umbauten im 17. Jh.; mehrere Renovierungen im 19. Jh. 1925/26 der Chor vom Schiff getrennt und im Inneren neu gestaltet. Das Schiff 1935–50 Heimatmuseum und seit 1971 Magazin. Der Chor nochmals 1973/74 renoviert. – Äußeres. Ältester Bauteil ist der unregelmäßige, querrechteckige Chorturm aus dem 12. Jh. mit achteckigem Oberbau, Zwiebelhaube und Laterne aus dem späten 17. Jh. Östl. anschließend ein längsrechteckiger Chor aus gotischer Zeit; seine Fenster- und Türöffnungen erneuert. An der Chornordseite romanisches Steinrelief mit zwei gegenständigen, mit den Schwänzen ineinander verschlungenen Lindwürmern und einem Löwenkopf, 1859 von der Kirche in >>Schöten hierher versetzt. – Das hohe und gestreckte Schiff vermutlich 1676 unter Verwendung romanischer Bauteile errichtet. Regelmäßige Fassadengliederung durch abgefaste Spitzbogenfenster und zwei auf der Querachse liegende Rundbogenportale mit vergleichsweise aufwendiger Einfassung. Daneben kleinere Fenster und Türen. – Innen. Im Schiff dreiseitige, an den Langseiten dreigeschossige Empore und Felderdecke. Der zweiteilige Chor 1925/26 zur Gemeindekirche umgebaut und mit einem großen neugotischen Ostfenster versehen. Darin ein farbiger, an mittelalterliche Glasfenster angelehnter Bildzyklus zu Leben und Passion Jesu. Der westl. Raumteil – das Untergeschoß des romanischen Chorturms – durch die überformten Triumph- und Apsisbögen mit verschiedenartig profilierten Kämpfern abgesetzt. Am Triumphbogen vielteiliges Profil aus Kehle, Wülsten und Platten; am Apsisbogen Platte und Schmiege mit Schachbrettfries. – Die Ausstattung z. T. aus dem 20. Jh., z. T. älter. Spätgotischer achtseitiger Taufstein mit Blendmaßwerk und gewundenem Fuß, wohl stark überarbeitet. An der Ostseite intarsienverzierte Ausstattungsteile aus der 2. H. 17. Jh.: partiell erneuerte Altarverkleidung mit drei szenischen Darstellungen nach dem apokryphen Tobiasbuch und gewundenen Säulen; geschnitztes Kruzifix auf Konsole und Inschriftkartusche (mit Inschrift von 1776); polygonaler Kanzelkorb mit Evangelistendarstellungen auf den Seitenflächen und Schnitzfiguren der Apostel an den Ecken. Der Korb urspr. von einer geschnitzten Mosesfigur getragen, die heute mit dem Schalldeckel in die Sakristei ausgelagert ist. Der Schalldeckel sign. von Andreas Stiberitz aus Jena, 1666, der vermutlich als Tischler und Intarsienschneider an den genannten Teilen mitgearbeitet hat. Sämtliche Schnitzfiguren von demselben unbekannten aber bedeutenden Bildhauer. – Im ehem. Chor außerdem vier ähnliche figürliche Grabmäler mit Aufsätzen für Angehörige der Familie Vitztum von Apolda: zwei aufeinander bezogene für Christoph und Katharina Vitztum (†1558 und 1559), die Kopie eines Kindergrabmals für die Tochter des Moritz Vitztum von 1559 und ein Alabastergrabmal für die 1588 verstorbene Gemahlin desselben (bez. 1589).
Ev. Lutherkirche (Melanchthonplatz). Zweischiffige Halle aus rotem Backstein, 1890–94 von Johannes Otzen, Berlin, in Formen der rheinländischen Frühgotik für die schnell wachsende städtische Kirchgemeinde errichtet. Einzelne Instandsetzungsmaßnahmen seit den 1980er Jahren. – Der kräftig gegliederte Baukörper mit eingezogenem Chorpolygon in der Flucht des Hauptschiffes nach Südwesten ausgerichtet. Hoher nordöstl. Eckturm mit den Haupteingängen gegenüber einer wichtigen Straßenkreuzung. Das Innere vollständig eingewölbt und von Otto Berg aus Berlin ausgemalt. Das Seitenschiff durch eine massive, die ganze Breite und Tiefe einnehmende Empore in zwei Geschosse geteilt. Die originale, von J. Otzen entworfene Ausstattung mit einem großen, etwas überladenen Altaraufbau aus Stein gut erhalten. Die Einzelskulpturen an den Turmportalen und am Triumphbogen fertigte der Berliner Bildhauer Hermann Kokolsky; die Skulpturen und Reliefs des Altaraufbaus sowie die Evangelistenfiguren im Chorpolygon schuf Wilhelm Haverkamp, ebenfalls aus Berlin. Als Beleuchtung quadratische „Lichtsäulen“ von 1926.
Kath. Bonifatiuskirche (Stobraer Straße). 1893/94 von Max Meckel aus Frankfurt/Main für die durch Zuwanderer 1884 neu gebildete kath. Gemeinde als Teil eines Ensembles errichtet, zu dem noch ein 1893 erbautes Pfarr- und Schulhaus gehört. Dreischiffige, neugotische Stufenhalle aus rotem Backstein; Glockenturm und Haupteingänge wie bei der zeitgleich erbauten >>ev. Lutherkirche auf die Verkehrsachse ausgerichtet. Lichter Innenraum von angenehmen Proportionen; die Seitenschiffe und der nach Südwesten weisende Chor gewölbt.
Ehem. Schloß, jetzt Sitz städtischer Einrichtungen (Gerichtsweg). Kleine unregelmäßige Vierflügelanlage im Bereich der 1123 erstmals bezeugten Burg. Ein 1119 erwähnter Graf Wichmann wohl als Burgherr anzusehen. Die Burg seit dem 13. Jh. in Besitz der Schenken und Vitztume von Apolda; zu Ende des Sächsischen Bruderkrieges 1451 vermutlich zerstört. Nach Aussterben der Vitztume landwirtschaftliches Gut der Universität Jena bis 1922. – Die Burg nach jüngsten archäologischen Funden ehem. wohl in die Stadtbefestigung eingebunden, ihre Gestalt aber weiterhin unbekannt. Der heutige schmucklose Schloßkomplex aus Bauteilen des 16. bis 19. Jh.
Rathaus (Markt 1). Zweigeschossiger verputzter Massivbau mit Treppenturm, 1558/59 errichtet (Bez. am Turm), 1867/68 um die äußere linke Fensterachse am Markt und den anschließenden Flügel in der Schleiergasse erweitert. Am unteren, runden Teil des Treppenturmes das rundbogige Hauptportal, am oberen achteckigen Teil ein kleiner Austritt. Geschweifte Turmhaube von 1669.
Stadthaus, Sitz des Stadtrates und städtischer Behörden (Am Stadthaus 1). Stattlicher dreigeschossiger Putzbau, 1908–10 von Schnartz aus München errichtet; bis 1926 auch Sitz der städtischen Sparkasse. Die asymmetrische Fassade noch mit Anklängen an die Neurenaissance, aber deutlich geprägt von der zeitgenössischen süddeutschen Architekturschule (Theodor Fischer), die in Anknüpfung an traditionelle Architektur einen neuen Baustil zu entwickeln suchte. Sockel mit Rustikaverblendung; im Portalbereich Reliefs des Stuttgarter Bildhauers Ulfert Janssen.
Stadtsparkasse (Am Brückenborn 5). Drei- und viergeschossiger Putzbau auf der annähernd dreieckigen Grundfläche eines ehem. Vorstadtquartiers, 1926/27 von Hans Brandt aus Berlin errichtet. Die Ecken durch Risalit, Treppenturm und Erker betont; der Sockelbereich und einzelne Bauglieder durch roten Werkstein abgesetzt. Am Brückenborn Portalrisalit mit allegorischen Skulpturen von Ulfert Janssen, Stuttgart.
Kaufhaus Blokker (August-Bebel-Str. 2). Dreigeschossiger Eckbau im Jugendstil, 1905/06 von E. Kayser aus Erfurt für den jüdischen Kaufmann Levy (Louis) Würtenberg errichtet. Von 1919 bis zum erzwungenen Verkauf 1938 in Besitz der jüdischen Familie Rosewitz. – Fassade mit flächiger, vertikalbetonter Gliederung; die vollständig verglasten unteren Geschosse durch Bögen auf schlanken Stützen überfangen. In der geschlossenen Wandfläche des dritten Geschosses rundbogige Fenstergruppen. Eckrisalit mit flankierenden Zwerchhäusern und großer Haube. Gelungenes Beispiel zeitgenössischer Kaufhausarchitektur.
Wohnhausbau. Auenstr. 51, ehem. Villa Franz Schilling. 1904 von Rudolf Schilling und Julius Gräbner aus Dresden für den Glockengießer F. Schilling errichtet. Eingeschossiger Jugendstilbau mit plastischer Fassadengliederung, partieller Bossenverblendung und Treppenturm. Hohes Dach mit Ausbauten.
Bachstr. 11, ehem. Villa Louis Opel, jetzt Sitz städtischer Behörden. Zweigeschossiges, zweiflügeliges Stadtpalais im Stil italienischer Renaissancepalazzi, 1889 erbaut. Sockel- und Untergeschoß mit Rustika, das Obergeschoß mit rotem Backstein verblendet. Auf der Mittelachse der Hauptfassade Portal und Erker. Die Innenarchitektur mit ornamentaler Wandmalerei und Stuckdecken weitgehend erhalten.
Bahnhofstr. 43, ehem. Villa O. Schulze, jetzt Stadtbibliothek. Zweigeschossiger Putzbau mit rustiziertem Untergeschoß und mittigem Portalrisalit an der Straßenseite, nach einem um 1875 entstandenen Entwurf von Carl Weichardt, Leipzig, in Formen des palladianischen Klassizismus errichtet.
Am Markt geschlossene Bebauung mit zumeist dreigeschossigen Bürgerhäusern. Schlichte Fassaden des 18. und 19. Jh., einige mit schönen Rokoko-Portalen: Nr. 3 a, 4, 10 (bez. 1781), 12 (bez. 1741).
Eisenbahnviadukt (Buttstädter Straße). 1845/46 für die Eisenbahnlinie Halle-Erfurt errichtet. Trasse auf zwei großen und mehreren kleinen Rundbögen mit Kalksteinquaderverblendung. Gesamtlänge ca. 97 Meter, max. Höhe ca. 22 Meter.
Ehem. Feuerlöschgerätewerk der Total KG (Auenstr. 5). 1889 als Weberei errichtet, 1936–38 durch Egon Eiermann für die Feuerlöschgerätefabrikation umgebaut und erweitert. Viergeschossiger Altbau aus rotem Backstein mit anschließendem, ehem. wohl eingeschossigem Flügel, der 1936–38 durch einen Stahlbetonskelettbau mit roter Backsteinausfachung um drei Geschosse erhöht und mit einer überdeckten Dachterrasse abgeschlossen wurde. Klar gegliederte, transparente Fassade in der Tradition der Neuen Sachlichkeit.
Ehem. „Lager- und Comptoirhaus“ der 1789 gegründeten Strumpf- und Wirkwarenfirma Christian Zimmermann und Sohn (Bahnhofstr. 28). Straßenbeherrschende, zweiflügelige Baugruppe; der ältere Flügel an der Dornburger Straße 1866 erbaut (später verändert), der jüngere Hauptflügel an der Bahnhofstraße 1880–82 von Carl Timler aus Jena errichtet, 1936–60 umgenutzt und 1960 wieder als Textilfabrik eingerichtet. Seit 1994 Sitz des Landratsamtes. – Die beeindruckende viergeschossige Fassade ca. 95 Meter lang, streng regelmäßig gegliedert und durch flache Eckrisalite eingefaßt. Über Rustikasockel Verblendung aus gelbem Backstein mit kleinteiliger aber ausgewogener, nach oben hin abnehmender Dekoration aus braunem und rotem Backstein sowie Terrakotta-Ornamenten. Im Brüstungsbereich der Erdgeschoßfenster ein mehrfach wiederholter Bildzyklus aus fünf figürlichen Terrakottareliefs nach Entwürfen von Otto Späthe aus Jena, die Gewinnung, Verarbeitung und Versand von Wolle und Wollwaren veranschaulichen. Der 1948 abgebrochene Mittelrisalit mit zentraler Erschließung 1993/94 in kontrastierenden modernen Formen wieder aufgebaut.
Bismarckturm (Leipziger Straße). 1904 nach Entwurf von Günther aus Weimar auf einem Höhenzug am äußersten Stadtrand erbaut. Skurriles Bauwerk mit Verblendung aus Kalksteinbossen und architektonischen Versatzstücken der Burgenromantik.
Christian-Zimmermann-Denkmal (Kantplatz). Zum fünfzigsten Todestag des bedeutenden Apoldaer Textilindustriellen 1892 nach Entwurf von Ernst Paul, Dresden, auf dem Karlsplatz (heute Puschkinplatz) errichtet und später an den heutigen Standort versetzt. Hoher Steinsockel mit Bronzeskulptur.
Mahnmal für die Opfer des Faschismus (Bahnhofstraße). Architektonisch ausgestaltete Terrasse über breiter und hoher Treppe in einer parkähnlichen Anlage, 1951 eingeweiht. Die Terrasse bergseitig durch eine halbrunde Kalksteinquadermauer mit zwei blockhaften allegorischen Skulpturen von Gustav Weidanz aus Halle (Saale) abgeschlossen.
Glocken- und Heimatmuseum (Bahnhofstr. 41).
Kunsthaus mit Wechselausstellungen (Bahnhofstr. 42).