DRESDEN-DRESDEN-ALTSTADT / Opernhaus
Opernhaus (
Theaterplatz 2
). Das als Semperoper bekannte zweite Dresdner Hoftheater
stellt mit seinem machtvollen Außenbau und glanzvollen Interieur einen
Höhepunkt in der Theaterbaugeschichte Europas dar. Der Vorgängerbau, das
erste Hoftheater 1838–41 von Gottfried Semper, war Teil eines
Forumplanes, 1869 ausgebrannt und
abgetragen. Neubau 1871–78 ebenfalls nach
Entwurf von Gottfried Semper;
Bauleitung durch seinen Sohn Manfred
Semper. 1945
ausgebrannt, 1948 Einsturz des rückwärtigen Giebels, 1952–57
konstruktive Sicherung, Wiederaufbau 1977–85 unter Leitung von Wolfgang
Hänsch, dabei Wiederherstellung des Äußeren des
Zuschauerhauses sowie der Vestibüle und Foyers, aber Verbreiterung der
Annexe am Bühnenhaus; rückwärtig – von der Oper abgetrennt – Neubau
eines Funktionsbaus.
Gottfried Sempers erstes Hoftheater war stilgeschichtlich wichtig durch die Verwendung von Formen der italienischen Renaissance, für die Geschichte des Theaterbaus wegweisend durch die Gestaltung des Äußeren als Gegenbild der inneren Funktionen, der Zuschauerraum trat – umgeben von unterem und oberem Foyer – halbkreisförmig vor, die giebelbekrönten Seitenflügel enthielten Säle. Der reiche figürliche Schmuck z. T. am heutigen Bau erhalten, so die Figuren Goethes und Schillers von Ernst Rietschel, die Figuren von Shakespeare, Molière, Sophokles und Euripides von Ernst Julius Hähnel. Einer der Giebel von Ernst Rietschel heute in der Ortenburg Bautzen.
Das zweite Hoftheater zurückverlegt, um den von Hofkirche, Schloß und Gemäldegalerie umgebenen
Platzraum des Theaterplatzes zu schaffen. Der in Elbsandstein errichtete
Bau des zweiten Hoftheaters mächtiger ausladend und in den Formen der
Hochrenaissance gestaltet. Der Zuschauerraum jetzt über
segmentbogenförmig vortretenden Grundriß, segmentbogenförmig geführt
auch die vorgelegten Foyers als Galerien in zwei Geschossen, seitlich
die Treppenhäuser und Wagenvorfahrten, die Baumassen gestaffelt und
überragt von dem kastenartigen Bühnenhaus mit Dreieckgiebeln. Vor den
Foyergalerien erhebt sich in der Mittelachse eine Exedra mit großer
Nische, bekrönt durch eine prachtvolle Pantherquadriga mit Dionysos und
Ariadne von Johannes Schilling, von
demselben die Bronzereliefs hinter den Figuren von Schiller und Goethe.
Von Schülern Schillings stammen die
Figuren der Musen seitlich der Attika der Exedra, Terpsichore von
Robert Ockelmann, Thalia von
Georg Dielmann, Melpomene von
Rudolf Hölbe, Polyhymnia von
Heinrich Epler. In der Kalotte
Gemälde der drei Grazien sowie Marsyas und Apoll von Paul Kießling. Die
Figurenpaare auf den seitlichen Vestibülen beziehen
sich auf die klassische Bühnenkunst an der Elbseite und auf die
romantische auf der Zwingerseite, geschaffen von Schülern Ernst Rietschels und Ernst Julius Hähnels. Auf der Elbseite Zeus
und Prometheus von Heinrich Bäumer,
Antigone und Kreon von Carl August Robert
Härtel, Medea und Jason von Herrmann Hultzsch und Satyr und Bacchantin von Carl Friedrich Echtermeyer, auf der
Zwingerseite Hexe und Macbeth von Gustav
Braßmann, Faust und Mephisto von Gustav Kietz, Steinerner Gast und Don Juan von Heinrich Möller sowie Titania und Oberon
von Robert Diez. Von gleicher
Thematik bestimmt die Lünettenbilder in den beiden oberen Rundfoyers,
die gleichzeitig die Entwicklung der Theaterkunst repräsentieren, davon
elbseitig original erhalten das Bild Prometheus von Friedrich Preller d. J., Antigone und Medea
von Heinrich Gärtner, Horatius und
Phädra von Friedrich Preller d. J.,
Iphigenie von Adolf Thomas und
Alkeste von Heinrich Gärtner. Auf der
Zwingerseite erhielten sich die Lünetten Hamlet von Erwin Oehme, Die Räuber von Carl Wilhelm Müller, Wilhelm Tell von
Erwin Oehme, Die Zauberflöte von
Theodor Choulant. Alle anderen
Bilder Rekonstruktionen nach historischen Vorlagen.
Die phantasievollen Treppenhäuser und die damit verbundenen Vestibüle weisen die originale Raumgestaltung und teilweise die originale Ausgestaltung mit Stuckmarmor und Stucco lustro auf. Im unteren Rundfoyer ist die malerische Ausgestaltung mit gemalten Eichenholzpaneelen mit goldenem Intarsienschmuck rekonstruiert. Reste der originalen Gewölbedekoration erhalten. Im festlichen oberen Rundfoyer erhielten sich einige Säulen und Wandfelder in Stuckmarmor und Stucco lustro, die Deckengestaltung und Bemalung mit Szenen aus dem Leben des Gottes Dionysos und anderer Göttersagen, die sich auf die Entwicklung der Akte einer Tragödie beziehen, Rekonstruktionen. Der Zuschauerraum in der Grundrißform und in der Anordnung der Ränge verändert, die dekorative Ausstattung und Polychromie in Grün und Rosé aber dem Original angenähert, der Plafond mit den Bildern der vier europäischen Theaternationen und mit Bühnenbildern von dem Thron der pontischen Gerechtigkeit rekonstruiert. Neu geschaffen auch
der große Bühnenvorhang mit Darstellung der Phantasie mit Musen der Bühnenkunst, ehem. von Ferdinand Keller. Die bildkünstlerische Leitung der Restaurierung der Innenräume lag in den Händen von Helmar Helas und Matthias Schulz. Die Wiederherstellung der Dresdner Oper unter Mitwirkung der Denkmalpflege ist als Bekenntnis für die nach den Kriegszerstörungen lange Zeit bekämpften historischen Dresdner Traditionen zu werten.