DRESDEN-DRESDEN-ALTSTADT / Zwinger
Zwinger (
Sophienstraße/Ostra-Allee
). Als Ensemble von Galerien und Pavillons um eine Hofanlage
in seiner architektonischen Qualität von europäischer Bedeutung;
1709–28 von Matthäus Daniel
Pöppelmann und Balthasar
Permoser für Kurfürst Friedrich August I. (August den
Starken) errichtet.
Der Name des Bauwerks nimmt Bezug auf den Ort seiner Entstehung, den „Königlichen Zwingergarten“ im Bereich zwischen der mittelalterlichen Stadtmauer und den Befestigungswerken der Renaissance. Ausgangssituation ein Küchengarten im Anschluß an eine 1673–96 errichtete Festbaugruppe, bestehend aus Reithaus, Schießhaus und Komödienhaus, die im Zuge des Zwingerneubaus schrittweise beseitigt wurde.
Baugeschichte: Seit 1709 vorerst nur Anlage der sich im Halbrund öffnenden Terrassierung der
Wallböschung im Bereich des späteren Wallpavillons zur Aufstellung einer
Orangerie. Im Scheitel der Anlage eine große, zweiläufige Treppe zur
Erschließung von vier Terrassenebenen. Modifiziert blieb diese Treppe im
später errichteten Wallpavillon erhalten.
1711
Bau der Bogengalerien zu beiden Seiten der Treppe und
Baubeginn der rechtwinklig anschließenden zweigeschossigen Pavillons mit
Nymphenbad.
Seit
1712 Entwürfe für einen Pavillon im
Scheitel der Bogengalerien über der Treppe.
Die für drei Pavillons und Bogengalerien konzipierte Baugruppe der Orangerie war vorerst als in
sich abgeschlossene Anlage gedacht. Seit 1712 Entwürfe zum Anschluß der
Orangerie an einen geplanten Schloßneubau. Planungsgrundlage die
Kreuzung der Hauptachsen von Orangerie, Schloßalt- und Schloßneubau. Im
Rahmen dieser Planungen Konzeption der Langgalerie, Baubeginn
1713.
Das Kronentor nimmt in diesem Zusammenhang die
Hauptachse des geplanten Schloßneubaus auf und fungiert als „Erstes
Portal“ zum Schloßareal.
1714
Baubeginn für das Kronentor,
1715
für den Wallpavillon. Neben der Architektur gewann
die Ausstattung mit baugebundener wie auch mobiler Skulptur zunehmend an
Bedeutung. Ihren Höhepunkt erreichte sie im Bildschmuck des
Wallpavillons. Unter der Leitung von Balthasar
Permoser wirkten Paul
Heermann, Johann Joachim
Kretzschmar, Johann Benjamin
Thomae, Johann Christian
Kirchner, Johann Matthäus
Oberschall und Johann Paul
Egell. 1718 neue Pläne zur stadtseitigen Abrundung des
Zwingerhofes durch einen Turm mit Wasserreservoir und Kaskade.
1719
endgültige Festlegung der Grundrißdisposition durch spiegelbildliche
Wiederholung der schon errichteten Pavillongruppe: Bau der zwei
stadtseitig liegenden Pavillons mit Opernhaus (im Anschluß an den
Pavillon der Porzellane) und Redoute (im Anschluß an den Deutschen
Pavillon). Teile der südöstlichen Bogengalerie und des Stadtpavillons
(Glockenspielpavillon) errichtete man behelfsmäßig in Holz. Den sich zur
Elbe öffnenden Hof schloß Pöppelmann
durch eine hölzerne Tribüne. Im selben Jahr Hochzeitfeierlichkeiten im
Zwinger anläßlich der Vermählung des Kurprinzen Friedrich August II. mit
Erzherzogin Maria Josepha von Habsburg. Nutzung des Zwingerhofes als
Festspielplatz.
1723
Einwölbung der bis dahin nur mit Holzbohlen abgedeckten Galeriebauten
und Fertigstellung des Stadtpavillons mit den sich anschließenden
Bogengalerien.
1728
Vollendung der stadtseitigen Baugruppe bis auf die bildhauerischen
Arbeiten, Einrichtung des Zwingers als ein „Palais Royal des Sciences“.
Die Pavillons und Galerien dienten seither als Aufbewahrungsort der
königlichen Bibliothek und künstlerisch-naturkundlicher Sammlungen.
Erste gravierende Schäden am Bau infolge des Siebenjährigen Krieges.
1783–85
Erneuerung unter Leitung von Johann Daniel
Schade. Vollendung der baugebundenen Bildwerke an der
stadtseitigen Baugruppe durch Johann Baptist
Dorsch und Thaddäus Ignaz
Wiskotschill. 1847–55 Abschluß des elbseitig offenen
Hofes durch die Errichtung der >> Gemäldegalerie von Gottfried Semper und Aufstellung des
Denkmals König Friedrich August I. im Zwingerhof. 1849 Brand der östlichen
Pavillongruppe in Folge der Mairevolution. Wiederaufbau unter Leitung
von Karl Moritz Haenel1852–63. Anstelle des
abgebrannten Opernhauses am Porzellanpavillon und des Baukörpers hinter
dem Deutschen Pavillon entstanden Anbauten für museale Zwecke, die die
Stadtseite des Zwingers wesentlich aufwerteten. Abriß der Außentreppe am
Stadtpavillon und Bau zweier Treppenhäuser in der bis dahin offenen
Halle im Erdgeschoß des Stadtpavillons. Das Skulpturenprogramm wurde
ergänzt durch Werke von Ernst Julius
Hähnel. Freiflächengestaltung durch Carl Adolf Terscheck. 1880–98 zweite umfassende
Instandsetzung und Anstrich mit Ölfarben. 1924–36 großangelegte Gesamtrestaurierung unter Leitung von
Hubert Ermisch. Als Bildhauer
tätig Georg Wrba, Paul Polte und Alexander Höfer. Für das Nymphenbad und den
Stadtpavillon entstanden neue Skulpturen „aus dem Geiste“ Permosers. Die im 19. Jh. entfernten
Skulpturen der Balustraden wurden durch Vervielfältigung einiger
Originale ersetzt. Die
Hofgestaltung
in Anlehnung an den Gartenplan Pöppelmanns von
1729
(Kupferstichwerk) rekonstruiert.
1933–36
Installation von
Uhr und Glockenspiel mit Glocken aus
Meißner Porzellan am Stadtpavillon (Hofseite). Am
13.
2. 1945 starke Zerstörung durch Sprengbomben und
Brandmunition. Der Wallpavillon war bis auf das Erdgeschoß und wenige
Mauerschäfte im Obergeschoß zerstört, die sich elbseitig anschließende
Bogengalerie aufs schwerste beschädigt. Erhalten blieben: das Nympenbad,
die Umfassungsmauern der vier Eckpavillons, der Langgalerien, des
Stadtpavillons und des Kronentores. Der
Wiederaufbau
begann 1945 unter Hubert
Ermisch und wurde
1963
abgeschlossen.
1990
Restaurierung des Kronentores, seitdem fortlaufende
Restaurierungsarbeiten.
Beschreibung: „Kein Bau des Jahrhunderts zeigt ein gleiches Maß an spontaner Genialität. Man
darf am Zwinger nicht die bezaubernde Fülle und den romantischen Übermut
der Einzelform als das allein Wesentliche ansehen, ebensosehr ist es die
Klarheit und Größe des Grundrisses.“ (Georg Dehio 1931).
Der Zwinger umschließt einen gleichsam quadratischen Hof, der sich nach zwei Seiten in spiegelsymmetrisch korrespondierende Höfe mit Segmentbogenschluß öffnet. Die Harmonie seiner Grundrißdisposition steht im Kontrast zur wechselvollen Entwurfsgenese, die zwischenzeitlich einer Vielzahl anderer, unvollendeter Konzeptionen folgte. Die verwirklichte Version in Anknüpfung an klassische Vorbilder (Stichwerke des Carlo Fontana), Gartenanlagen in Wien (Palais Schönbrunn) und Dresdner Festspielhöfe des 17./18. Jh. (Amphitheater westlich des Residenzschlosses 1697/Arkade für ein Vogelschießen 1699/Arena vor dem Schloß 1709). In der Achse von Wall- und Stadtpavillon erstreckt sich der Hof über 186 m.
Das in Elbsandstein errichtete Bauwerk zeigt sieben durch Galeriebauten verbundene Pavillons, die die Hauptachsen des Hofes markieren. Es ruht auf einem nur durch Portale und Treppen aufgebrochenen Sockel. Bestimmend für den Hof die filigrane Struktur der Galerien, die auch das Erdgeschoß der vier Eckpavillons prägt. Grundmotiv die von Pilastern flankierte Bogenöffnung unter Balustraden auf klassischem Gebälk. Fries, Schlußstein, Kapitell der Pilaster und Bogenzwickel vegetabil-dekorativ bereichert. In der Achse der Pilaster Figuren und Vasen auf allen Galerien.