FREIE HANSESTADT BREMEN-INNENSTADT / Ev. St. Petri Dom

Ev. St. Petri Dom, ehern, der hl. Maria und St. Petrus geweiht. Auf einer Düne liegend, beherrscht der Dom mit seiner mächtigen Zweiturmfront den nach O durch einen Vorplatz erweiterten Markt und bildet mit Unser Lieben Frauen und Rathaus eine Baugruppe, in der das Zusammenwirken von weltlicher und kirchlicher Macht sichtbaren Ausdruck gefunden hat. - Der Dom ist ein aus einer Pfeilerbasilika gebundenen Systems hervorgegangener Bau mit einem Querhaus im O, 2 Chören über Krypten im O und W, Mittelschiff, einem von Kapellen begleiteten südl. Seitenschiff und einer über einem abgegangenen nördl. Seitenschiff errichteten Halle. — Der Dom traditionell im S umbaut vom Domkloster, dessen letzte Reste 1923 nach einem Brand dem Bau der „Glocke“ weichen mußten, während die Nordflanke im wesentlichen stets unverbaut den Abschluß des Domshofs bildete.
Maße: Länge 92,30 m, Gesamtbreite 37,95 m, Höhe der Türme 98 m; Mittelschiff 11,06 m breit und 20,50 m hoch.
Baugeschichte. Die Gestalt der ersten Domkirche, 789 durch Bischof Willehad geweiht und 792 während eines Sachsenaufstandes zerstört, unbekannt. Mit Bischof Willerich (805-838) begann eine bis zur Zerstörung der dem heutigen Dom vorausgegangenen Kirche 1041 währende vorromanische Bauperiode, aus der durch Grabung 1974—76 mehrere Baustufen nachgewiesen werden konnten. Bei dem aus dem karolingischen Dom hervorgegangenen Bau handelte es sich um eine dreischiffige Anlage ohne Querhaus und mit eingeschnürtem quadratischen Chor, der zugehörige Westabschluß ist nicht bekannt. — Der Überlieferung nach soll noch unter Bezelin (1035-1043) mit dem Neubau nach Vorbild des Kölner Domes begonnen worden sein. Außer der möglicherweise von dort übernommenen Anlage von Westkrypta und Westchor über einem an dieser Stelle deutlichen Dünenabfall ist von Bezelins Bau im Aufgehenden nichts nachweisbar. — Immer noch schwer faßbar die Bautätigkeit Erzbischof Adalberts (1043—72), unter dessen Episkopat 1049 der Hauptaltar der hl. Maria und 1066 die Westkrypta dem hl. Andreas (um 1092 „cripta veteri“) geweiht wurden. Sein Bau könnte eine flachgedeckte Basilika mit einschiffigem Querhaus und halbrunden Apsiden gewesen sein, nicht mehr nachweisbar ist die Form des Ostabschlusses. Ein starker, jedoch nicht datierfähiger Brandhorizont steht vielleicht mit der überlieferten Zerstörung des Adalbert-Domes 1089 in Verbindung. Langhaus, Chor und Ostkrypta sind nach heutiger, auf stilkritischen und archäologischen Beobachtungen beruhender Deutung Werke von Erzbischof Liemar (1072—1101; „constructor hu- ius ecclesiae“) und seiner Nachfolger bis Hartwig I. (1148—68).
Unter Erzbischof Gerhard II. aus dem Hause der Edelleute von der Lippe (1219—58) wurde die romanische Basilika nach westfälisch-rheinischen Vorbildern gewölbt, auch wurden die Türme im W verstärkt und mit rundbogiger Blendnischenarchitektur versehen. Ein viertes Turmgeschoß wurde unter Giselbert (1275-1306) gebaut, 1340-46 ein fünftes und sechstes sowie der achtseitige gotische Helm auf dem Nordturm.
Noch im 12.Jh. erste Anbauten zwischen südl. Querhausapsis und Chor, um 1300 auch an der Nordseite; im 14. Jh. Bau von Seitenschiffkapellen im S und N. Ein Brand des Nordturms und des anschließenden Seitenschiffs 1483 gab den Anstoß zu dem 1502 begonnenen Bau der spätgotischen Nordschiffhalle; sie wurde fertig, bevor in Bremen die Reformation einsetzte.
Zwischen 1532 und 1638 kam es zu einer nur für wenige Jahre unterbrochenen Schließung des Domes durch den Rat der Stadt, der das im Widerspruch zum Rat stehende Glaubensbekenntnis des Domkapitels nicht dulden wollte. In dieser Zeit verschwand ein großer Teil des Inventars (Verkauf des Cosmas-und-Damian-Schreins an St. Michael in München) und verfiel das Bauwerk so sehr, daß 1638 der Südturm einstürzte. Nach diesem Ereignis erzwang der letzte Erzbischof und nachmalige König Friedrich III. von Dänemark die Wiedereröffnung des Domes für luth. Gottesdienste in der reformierten Stadt. Ab 1648 war der Dom als Besitz der aus dem Erzstift hervorgegangenen Herzogtümer Bremen-Verden schwedisch und hannoverisch, bis er durch den Reichsdeputationshauptschluß 1803 an Bremen fiel.
Restaurierungen. 1888—1901 unter M. Salzmann (bis 1897) und E. Ehrhardt umfassende Restaurierung. Wiederaufbau des 1638 eingestürzten Südturms, Erneuerung des Westgiebels und Sicherung des im Kern mittelalterlichen Nordturms durch Ummantelung, Neugestaltung der Nordfront mit der Brautportalachse und des nördl. Querhausgiebels sowie Neuschöpfung des Vierungsturms. Nach 1901 noch Sicherung des Ostchorgiebels durch Neuverblendung. Im Inneren nach Beseitigung der barocken und neugotischen Emporen Ausmalung durch H. Schaper, Hannover, mit der die divergierenden Bauteile zusammengefaßt und die den Raum nach der Einwölbung bestimmende rheinisch-westfälische Komponente unterstrichen werden sollte, sowie Betonung des Ostchors durch Marmorverkleidung der Wände und Mosaik an der Ostwand des Chors (Abendmahl von Schaper). Bedeutendster Beitrag jener Restaurierung war für das Innere des Domes eine gestalterisch und ikonographisch anspruchsvolle Verglasung (im Krieg zerstört).
1972—81 und 1982—87, veranlaßt durch Kriegsschäden und den Wunsch, die 1928 eingebrachte Aussteifung der Vierungspfeiler, die unter der Last des Oktogons nachgegeben hatten, wieder zu beseitigen. Dabei Schließung der Öffnungen zwischen der Nordschiffhalle und dem nördl. Querhaus bis auf einen Durchgang, Vereinfachung der Gestaltung im Ostchor, nachdem durch Torkretierung des Gewölbes die Schapersche Ausmalung bereits beseitigt war, Erneuerung der Ausmalung unter rekonstruierendem Rückgriff auf Schaper, Umsetzung von Epitaphen und Kunstwerken und Ausbau der südl. des Chors liegenden Räume (früher Bleikeller-Museum) zu einem Dommuseum. Dort u.a.das freigelegte Fundament der Nebenapsis und eine Ausmalung von 1400. Die Neuverglasung mit Ausnahme der Südkapellen und das Bronzegitter auf der Vierung von H. —G. Bücker, Velbern.
Äußeres. In der heutigen Gestalt ist die Zweiturmfront des Domes ein Werk der Restaurierung von 1888-1901. Dabei wurden die Grundzüge der durch das Dombild von 1532 in der Oberen Rathaushalle belegten Gestalt beibehalten. Darüberhinaus war Salzmann bemüht, die im Inneren erkennbare rheinische Komponente außen sichtbar zu machen mit der Gliederung der nach Limburg weisenden oberen Turmgeschosse, den achtseitigen, über Giebeln aufragenden Turmhelmen und Teilen des figürlichen und bildnerischen Schmucks. Zwischen den Domportalen 2 Bogennischen, in deren Bogenfeldern Mosaiken nach Entwurf von H. Schaper gemäß Überlieferung des 16. Jh. Die Figuren vor den Bogenpfeilern stellen (von N nach S) dar: Moses und David, Karl d. Gr. als Stifter des Bistums und Petrus und Paulus. Die Bronzetüren von P. Fuchs, Köln, stellen Szenen aus dem Alten Testament am Nordportal solche aus dem Neuen am Südportal gegenüber; an diesem ein Löwenkopf des 13. Jh. als Türzieher. - Die das Geschoß abschließende Bogengalerie ist die Umsetzung eines im 16.Jh. nachweisbaren hölzernen Laufganges in Stein. Die Evangelistensymbole um die Rose Zutaten der Restaurierung. Im Mittelgiebel Nachbildungen der törichten Jungfrauen (Originale in der Nordschiffhalle) und einer Marienkrönung (Original in der Ostkrypta), beide gemäß der seit 1532 überlieferten Anordnung. — Unter Ehrhardt wurde die Nordfront gegen den Domhof mit dem Brautportal (plastischer Schmuck von G. Küst- hardt, Hildesheim) erneuert und der Vierungsturm aufgesetzt. Die Chorwände ab 1909 neu verblendet. — Altes Mauerwerk nur noch im Kreuzganghof der „Glocke“ im Mauerwerk von Portastein der südl. Hochwand des Mittelschiffs und in den wechselnden Schichten von Quadern und Feldsteinen am anschließenden Kreuzflügel sichtbar, ferner in den Strebebögen und den Kapellenanbauten.
Inneres. Im dreischiffigen, durch die lichtdurchflutete Nordschiffhalle asymmetrischen Kirchenraum ist der romanische und frühgotische Bau gut erkennbar. Im Grundriß ist er erhalten im gebundenen System von Mittel- und Südschiff, den 3 Querhausjochen und den quadratischen, über Krypten erhöht liegenden Chören. Aus diesem System brechen das mit dem Ausbau der vorgezogenen Westfront angefügte rechteckige Westchorjoch und die Nordschiffhalle aus. Im aufgehenden Bau sind vom romanischen Dom die 9 Arkadenbögen mit längsrechteckigen Pfeilern, Teile der südl. Hochschiffwand und der Ummauerung beider Querhausflügel, die Ostkrypta und Teile der Westkrypta erhalten. Das westl. Joch der Arkadenfolge, urspr. zugleich das östl. Joch der Westkrypta, ist schmaler und dürfte der Bautätigkeit des n.Jh. zuzurechnen sein. Derselben Bauzeit gehört der Einschnitt der südl. Querhausapsis in einer Bogenblende der Ostwand des südl. Querhauses an; das Fundament der Apsis ist am Eingang zum Dommuseum freigelegt.
Um 1200 Einwölbung über beiden Jochen des Westchors mit vierteiligen Gewölben mit breiten Bandrippen (1892 erneuert), die auf Kelchblockkapitellen auf setzen; sie weisen wie die einfachen vierteiligen Wölbungen der westl. Südschiffjoche und die Portale im Ostchor nach Osnabrück. Nach 1224 folgte unter Gerhard II. die Wölbung der übrigen Seitenschiff joche mit achtteiligen Rippengewölben, Schlußring und zapfenförmigen Schlußsteinen nach dem Vorbild von St. Marien in Lippstadt und dem Zisterzienserkloster Marienfeld in Westfalen; ähnlich in den ebenfalls von Gerhard II. geförderten Kirchen Unser Lieben Frauen in Bremen und St. Aegidius in Berne. In der zeitlich anschließenden Gliederung des Ostchors mit ansteigender Dreifenstergruppe und dem Wechsel von Rund- und Spitzbögen der geraden Chorabschlußwand sowie in der nun sechsteiligen Wölbung in Ostchor und Mittelschiff wurden neben westfälisch-zisterziensischen Einflüssen auch rheinische Vorbilder wirksam (St. Aposteln, St. Maria im Kapitol, Köln). Diese werden auch greifbar an der Wölbtechnik, die es erlaubte, die Mauerstärken der durch Strebebögen gestützten Hochwände soweit zu mindern, daß Laufgänge über Rundbogenfriesen angelegt und die Wände durch weite Spitzbogenfenster geöffnet werden konnten. Die romanischen Arkaden seither geprägt durch den Wechsel dreiteiliger Dienstbündel, die die Jochteilung markieren, und einfacher Dienste im Verlauf der Scheitelrippen. Zuletzt wurden die Querhausarme gewölbt, wobei das Wölbsystem durch Teilung der Joche bereichert wurde.
Seit dem 3. V. 14. Jh. wurde das südl. Seitenschiff, beginnend mit der westl. Doppelkapelle, zu einer in den Kreuzgang vorgeschobenen Reihe von Kapellen geöffnet; die östl. mit Durchgang zum südl. Querhaus möglicherweise das einzige erhaltene Kreuzgangjoch.
Wie das Südschiff war auch das Nordschiff urspr. von Kapellen begleitet. Sie wurden nach einem Brand zusammen mit dem Nordschiff 1502 abgebrochen, um eine die Breite von Seitenschiff und Kapellen einnehmende Halle errichten zu können. Unter dem aus Osnabrück stammenden Bauherren („Structuarius“) Cord Poppelken wurden beim Höherziehen des Nordschiffs die Pfeiler, Dienste und Kapitelle des alten Nordschiffs wiederverwendet. Der Rückgriff auf das Formengut des 2. V. 13. Jh. ging soweit, daß der äußere Laufgang auf einen in diesem baulichen Zusammenhang archaisierenden Rundbogenfries gesetzt wurde. Den Raumabschluß bildet ein feingliedriges Netzgewölbe. Mit der weiten Öffnung des Obergadens zwischen Mittel- und Nordschiff und urspr. auch der Querhauswand war man bemüht, die neue Halle räumlich einzubinden. — Das oft zitierte Vorhaben eines Ausbaus auch der Südseite und damit die Umwandlung des Doms zu einer Hallenkirche nicht belegt.
Die Reste mittelalterlicher Ausmalung gering und, soweit erhalten, um 1900 stark übergangen: am 5. Bogen von W der südl. Arkadenreihe, in die ornamentale Ausmalung Schapers eingelassen, Darstellung vom Schweißtuch der hl. Veronika, am 6. Pfeiler der nördl. Reihe Christus in der Mandorla (Rahmung von Schaper), am folgenden 7. Pfeiler Schweißtuchdarstellung, auf dem Grund einer Nische in der Südwand der Orgelempore Christus mit den Jüngern im Garten Gethsemane (E. 15. Jh.).
Die Krypten. Die Westkrypta, 1068 durch Erzbischof Adalbert dem hl. Andreas geweiht, über nach W stark abfallenden Baugrund im Zuge der nach W erweiterten Anlage des nach dem Brand von 1041 veranlaßten Domneubaus angelegt. Von dem ehemals wohl 3 auf 4 Joche umfassenden Raum sind im 16. Jh. die 3 östl. aufgegeben worden; die Krypta reichte also unter das schmalere Mittelschiffsjoch. Die verbleibenden 9 Gewölbejoche gestört (Verwendung von Säulenbasen als Kapitelle). In der heutigen Gestalt besteht die Krypta aus 3 zu 3 quadratischen, durch Gurte voneinander geschiedenen Jochen mit Kreuzgratgewölben, denen nach W, jenseits von 2 Pfeilern, ein dreiteiliger, ebenfalls mit Kreuzgratgewölben geschlossener Riegel vorgelegt ist. Der zwischen den Türmen liegende Teil der Krypta ist stark eingeschnürt und wurde bei der Restaurierung von 1889ff. erneuernd überformt. Die Gurtbögen der östl. Joche stützen sich auf gedrungenen Säulen über hohen Basen mit attischem Profil, teilweise mit Sporn. Die Kapitelle von ähnlich steilem Umriß antikisieren, ebenso die abschließenden Palmettenfriese im Abakus. Diese aber kaum der Adalbertkrypta des 11. Jh. zugehörig, sondern der mit Liemar eingeleiteten Bauphase. Das Kapitell mit den affrontierten Löwen, aus dem aufgegebenen Ostjoch an den heutigen Ostabschluß versetzt, findet dagegen in der Bauplastik des Liemar-Baus des 12. Jh. keine Parallele und wird der Anlage von Adalbert zuzuschreiben sein.
Die Ostkrypta war 1092 entweder gerade fertig oder noch im Bau, ihr Bestand geht auf die Bautätigkeit unter Liemar und dessen unmittelbaren Nachfolgern Humbert und Friedrich zurück. Eine Marienweihe allerdings erst unter Erzbischof Hartwig 1187 überliefert. Wie die Westkrypta dreischiffig mit 6 durch Gurtbögen unterteilten Jochen, wobei die Vorlagen der östl. Vierungspfeiler eine deutliche Zäsur bilden; wohl einheitliche Baudurchführung. Die urspr. Befensterung in der Nordwand erhalten, in der Südwand 1982 teilweise analog rekonstruiert und in der Ostwand, nachdem nachreformatorisch zur Nutzung der Krypta für wechselnde Lagerzwecke große Öffnungen eingebrochen waren, bei der jüngsten Restaurierung in Anlehnung an Lim- burg/Haardt neu gestaltet. Der jetzige Zugang 1900 angelegt, 1978 die Führung der Treppen geändert, die urspr. Zugänge von W. Die Säulenschäfte schlanker als in der Westkrypta, die Basen weiter ausladend, ebenso der Abakus der voll entwickelten Würfelkapitelle. Bemerkenswert die Kapitelle der 4 Säulen des östl. Teils mit Rosetten, Band- und Flechtwerk und germanischen Sinnzeichen wie Midgardschlange, Fenriswolf, Maske, Lebensvogel und Verschlingungen vom Kreis bis zum Drudenfuß im Pentagramm, möglicherweise erst für die Marienweihe unter Hartwig II. 1187 geschaffen. Die Pfeiler im Westteil der Krypta gehen auf eine Reparatur im 17. Jh. zurück, 1982 erneuert. Das mit einer Grabplatte von E. Gorsemann Ende der dreißiger Jahre bedeckte Sekundär-Grab von Erzbischof Adalbert (1043-72) wohl beim Bau der Krypta angelegt.
Ausstattung. Von der reichen mittelalterlichen Ausstattung und der frühen Bauplastik nur wenig überliefert.
Am bedeutendsten die in der zweiten Seitenschiffkapelle aufgestellten, 1822 vor Vernichtung geretteten 7 Wangen des Chorgestühls. Es bestand aus 4 Sitzreihen mit vermutlich 12 Wangen und wurde von etwa 1360 (an einer Wange Hinweis auf ein Ereignis von 13 66) bis um 1380 gearbeitet. Der Meister der älteren Teile (Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt) dem des Magdeburger Domchorgestühls nahestehend, wenn nicht mit ihm identisch. Die Darstellungen auf den hohen Wangen sind dem Neuen Testament gewidmet - es fehlt das Passionsgeschehen, das wohl auf einer der zerstörten Wangen abgebildet war; die Themen der niederen Pultwangen aus dem Alten Testament, darunter als politische Demonstration eine Darstellung aus der Geschichte der Makkabäer, die mit der Auseinandersetzung zwischen Erzbischof und Stadt in der 2. H. 14. Jh. in Verbindung steht.
Die aus Baumberger Sandstein gefertigte Brüstung der Westempore mit figurenreicher Darstellung der geistlichen und weltlichen Macht: Im beherrschenden Mittelrelief Karl d. Gr. und Bischof Willehad als Gründer des Bistums Bremen mit dem Modell des Doms, zu deren Seiten in Kielbogennischen je 5 Heilige und Märtyrer der bremischen Kirche, vor den Pfeilern auf zierlichen Konsolen und unter fein- gliedrigen Baldachinen freiplastische Figuren, unter ihnen kniend Erzbischof Rode und Koadjutor Prinz Christoph von Braunschweig-Wol- fenbüttel. Die Arbeit wird Evert van Roden, dem Meister des Hochaltars der Osnabrücker Johanneskirche, zugeschrieben und ist wie das aus derselben Werkstatt stammende Filigranwerk der nördl. Querhausbrüstung 1510—12 entstanden (das Pendant der Südseite A. 20. Jh. weitgehend erneuert). Eine im Kirchenraum verteilte Gruppe von Steinbildwerken, Schöne Madonna, hl. Rochus, hl. Dionysius (auf romanischem Blattkapitell) und ein unbekannter Erzbischof sowie das Kastenrelief mit der Darstellung der Hl. Sippe in der nördl. Turmhalle gehörten zu einem laut schriftlicher Überlieferung 1512 aus Münster gelieferten „Tabernakel“.
Im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung des luth. Domes 1638 steht die Schenkung der Kanzel durch den letzten Erzbischof, Friedrich Prinz von Dänemark, eine Arbeit des für den dänischen Hof tätigen Bildhauers /. Kriebel. Der Kanzelkorb auf in großen Ranken auslaufendem Mittelstiel, der Aufgang in 12 durch Säulen getrennten Feldern unterteilt, vor die vollplastische Figuren gesetzt sind; dazu treten am Schalldeckel zwischen geschwungenen Ranken Tugenden und der auferstandene Christus. Das Werk insgesamt stark überarbeitet; eine ehern, reiche Farbfassung (vgl. Kanzel von St. Severus in Otterndorf) nur noch in Spuren nachweisbar.
Über dem Gemeindealtar im Mittelschiff kreuztragender Christus, um 1490, ehern, vom linken Bogenfeld der Westfront. - Über dem Brautportal 5 Figuren von einem Zyklus der Klugen und Törichten Jungfrauen, früher am Westgiebel (dort Kopien), sicher zu einem Portal der 1.H. 13. Jh. gehörig.- Gemälde in den Kapellen des Südschiffs (von O nach W): 1. Kapelle Anbetung der Könige, M. 17. Jh. von F. Wulfhagen, und Kreuztragung, Kopie nach Raffael von /. Baese; in der 2. Kapelle Jüngstes Gericht, 1698 von H. Berichau; in der 4. Kapelle Grablegung und Geburt Christi, 1898 von A. Fitger; in der 5. Kapelle 4 Tafeln eines Kreuzaltars, 1513 von Hans Rot. — In der Sakristei Geißelung und Kreuztragung um 1500, vielleicht bremisch. Grabdenkmäler und Epitaphe (nur Reste eines urspr. umfangreicheren Bestandes), chronologisch: im nördl. Querhaus Grabplatten von Erzbischof Johann Rode (+1511) und Drost Johann von Holtsviler (+1575), beide mit Bild des Verstorbenen. - Noch spätmittelalterlich das Epitaph für Propst Berthold Rantzau (+1489), mit Beweinung unter einem Baldachin von Laubwerkspitzbögen, dem Meister des Bent- lager Sippenreliefs zugeschrieben (an der Südwand des Südquerhauses).- Epitaphe für Friedrich Schulte (+1499), Maria lactans mit der Hl. Dreifaltigkeit, und für Gerhard Oldewagen (+1494) mit der Darstellung von Christus im Verhör vor Pilatus, 152.3 gesetzt (beide unter der Westempore). - Epitaph des Segebade Clüver (+1547), farbig gefaßtes Flachrelief mit gelehrter allegorischer Darstellung der Erlösung mit lehrhaften Sprüchen und Stifterdarstellung (nördl. Turmhalle).- Epitaph des Joachim Hincke (+1583), ehern, im Südquerhaus am Durchgang zum Domkloster, mit Liegefigur des Verstorbenen über dem Portal und Himmelfahrt (jetzt im südl. Seitenschiff). - Bemerkenswert das Grabmal der Catharina von Sandvoort (+1590) aus Antwerpen, mit einem Neptun und einem Segelschiff unter einer Strahlen aussendenden Wolke (südl. Seitenschiff).
Bis E. 16. Jh. verbreitet der Typ mit dreiteiligem Aufbau aus Sandstein, erst im 17. Jh. trat Marmor dazu; Polychromie war üblich. In dieser Art: Ehrenmal für Arnold v. Behren (+1578) mit Auferweckung des Lazarus, das des Segebade v. Hude (+1578) mit dem Verstorbenen in Anbetung des Kreuzes (beide nördl. Querhaus). - Die Reliefs der Epitaphe für Hermann Clüver (+1570) und Melchior v. Lith (+1581), in beiden Fällen mit Darstellung der Auferweckung des Lazarus, L. Münstermann in der Werkstatt von H. Winter zugeschrieben (5. Südschiffkapelle). — Von Dompropst Ludolph v. Varendorp (+1571) ist im Nordschiff die Messingplatte des Grabes mit Inschriftband und Bild des Verstorbenen erhalten und am 5. Pfeiler der nördl. Arkade das Epitaph mit Darstellung des Jüngsten Gerichts. - Epitaph des As- ver v. Langen (+1603) variiert den tradierten Aufbau, indem das Mittelfeld geteilt ist (neben der Kanzel). — Nur fragmentarisch erhalten das Doppelepitaph der Brüder Theodor und Jodocus von Galen (beide 11602), aus Sandstein, Marmor und Alabaster mit Bogenstellungen zur Aufnahme von Figuren (Bildnisse der Verstorbenen?) und Darstellung der Erhöhung der Schlange (Mittelschiff). - Dr. Engelbert Wippermann (+1621), mit Reliefs von der Geburt Christi und der Verkündigung (Nordschiff). - Von ähnlicher Größe und Reichtum des begleitenden Knorpelwerks das Epitaph des Albert von Hasbergen (+1625), mit Auferstehung, Himmelfahrt und Tugenden (Mittelschiff). - Epitaph für Henry Voguel (+1746) von Th. W. Freese, verhängte Stele mit Pelikan, Nordschiff. - Epitaph für Gerhard Vaget (+1567), letzter Abt des Paulsklosters, mit streng architekturgebundener Rahmung für ein Auferstehungsrelief, im Dommuseum.
In der Ostkrypta Fragment der Marienkrönung aus dem Giebelfeld des Domes, um 1300.— In der Westkrypta Thronender Christus, um 1050, wohl Rest eines Westportal-Tympanons. — Deckplatte eines Bischofsgrabes mit Bandornament und 3 Krummstäben, vermutlich vom Sammelgrab der Bischöfe Adalgar, Hoger und Reginward von 1053.— Taufbecken, niederdeutsch um 1230, flacher Taufkessel auf 4 Löwenreitern, die Wandung zwischen Palmettenfriesen in 2 zart- gliedrigen Arkadenreihen in 38 Felder, darauf Christus, Apostel und Heilige (oben) und Halbfiguren (unten), unterteilt.
Bedeutende, bisher in der Ostkrypta aufgestellte Ausstattungsteile jetzt im Dommuseum (bis zur letzten Restaurierung „Bleikeller“) und dem im Keller der „Glocke“ neu ausgebauten „Bleikeller“ zu finden. In dem an den Ostchor südl. anschließenden Raum umfangreiche Ausmalung um 1400, vermutlich von einer Marienkapelle, restauriert.- Einzige alte Glocke ist die Maria gloriosa, 1433 von Ghert Klinghe.