KRANICHFELD / Ev. Stadtpfarrkirche St. Michael.

Ev. Stadtpfarrkirche St. Michael. Die werksteinsichtige Saalkirche 1496–99 gebaut, 1702–04 barock verändert, 1889/90 durch Landbaumeister Rommel regotisiert und die Westfassade erneuert. 1976/77 zuletzt renoviert. Der rechteckige Saal mit Strebepfeilern und eingezogenem, dreiseitig geschlossenem Chor, nordwestl. an diesem der quadratische Turm, dessen Haube von 1890. Im Chor Sterngewölbe, im Saal Holztonne; die zweigeschossige Westempore und die Kanzel neugotisch. Als Altarbild das Gemälde aus einem Epitaph für Superintendenten Anton Mylius von 1655 mit Kreuzigung und darunter Grablegung in architektonischer Rahmung. Taufstein 2. H. 16. Jh. Kirchenbank mit geschnitzten Brüstungs- und Rückwandfeldern, außerordentlich kunstvolle Gestaltung aus Ranken mit Kornblumen sowie verschlungenen Bändern in flachem Relief, Tiefungen geschwärzt. Fünf gemalte Wappentafeln der Grafen Schwarzburg-Honstein und Herren zu Reuß von Plauen aus dem 18. Jh. mit reicher Wappenzier und Beiwerk. Grabstein 1570 der Gräfin Walpurgis von Gleichen mit Darstellung der Verstorbenen. Glocke 1520 von Heinrich Ziegeler (Erfurt).
Oberschloß, heute Museum und Gaststätte. Auf der südwestl. Bergnase hoch über dem Ort und dem Ilmtal stehende, beeindruckende Burg. Wahrscheinlich um 1130/50 annähernd rechteckiger Palas im Südwesten, der runde Bergfried und die Ringmauer gebaut. Die auf der Südostecke angeschlossene Burgkapelle durfte entweder zeitgleich mit dem Palas oder E. 12. Jh. im Zusammenhang mit einer weiteren Ausbauphase entstanden sein. Im 14. Jh. nördl. vom Palas weiteres Wohngebäude angebaut, zusätzliche Verteidigungsmauern (zweiter Bering) und Burggraben angelegt. Unter der Herrschaft Reuß von Plauen zwischen 1530 und 1550 Ausbau nach Südwesten und Südosten an die romanischen Gebäude, dabei das Erscheinungsbild zu schloßähnlichem Charakter verändert. In der Zeit von 1620–63 offenbar gründliche Instandsetzung durch das Haus Schwarzburg-Rudolstadt, u. a. Einbau eines neuen Kirchensaales im südl. Bauflügel östl. der ehem. Kapelle, diese seitdem profaniert. Mehrfache Reparaturen, wie 1723 nach Blitzschlag am Bergfried. 1888 erstmals erneuerter Torbau, 1906 nach Plänen von Bodo Ebhardt die Toranlage zur Kernburg erneuert. Zur gleichen Zeit das Schloßinnere historistisch ausgestattet. 1934 Kernburg ausgebrannt, 1935 Ruine von der SS übernommen und bis 1940 durch ein Außenkommando des KZ Buchenwald Aufräum- und Ausbauarbeiten begonnen. 1984 Sicherung und Teilrekonstruktion des Westteiles der Burg, der seit 1994 wieder zugänglich ist. – Malerische, z. Zt. hau- bzw. werksteinsichtige Gebäudegruppe, von charakteristischen Renaissancegiebeln und dem wuchtigen, runden Bergfried mit Giebelkranz bestimmt. Im Westen ist die Hauptburg über den, mit Wohn- und Wirtschaftsbauten des 18./19. Jh. bebauten, äußeren Hof und das mit Zugbrücke und Wehrgang versehene Torhaus zugänglich. Auf der Südseite der Kernburg das Eckgebäude, ein höherer Renaissancebau mit Eckerker und Ziergiebel. Der rechteckige Erker über einem Kragstein mit Droleriefigur – sog. Leckarsch –, in den Brüstungsfeldern und über den Fenstern Relieftafeln mit Darstellung der Herren zu Reuß und schreitendem Kranich. Die Umrißform der sich verjüngenden Ziergiebel aus Viertelkreisbögen zusammengesetzt, von kräftigen Gesimsen sowie auf Postamenten stehenden, gedrehten Säulchen mit Kapitellen gegliedert; urspr. die Bogenteile mit sog. Kugelbesatz. Diese Schmuckformen der Frührenaissance ähnlich wie am Reußischen Stammschloß (Oberschloß) in >>Greiz. Neben diesem Eckbau auf der Südseite der romanische Gründungsbau (Palas) in seiner Renais-sanceüberformung mit ausluchtartigem, vermutlich jüngerem südl. Vorbau, ebenfalls zwei Schmuckgiebeln und Horizontalgesimsen. An der Ostseite ein als Fragment anzusehendes, in seiner urspr. Gliederung erhaltenes Wandstück in Höhe der Kapelle: das Quadermauerwerk zwischen Fußprofil und geschoßabschließendem Röllchenfries zurückgesetzt und von dünnen, runden Säulchen ohne Kapitell aber mit Basis in zwei Felder geteilt. Im linken, zur Kapelle gehörenden Wandfeld ein kleines Rundbogenfenster über einem, von einem Rundstab gefaßten größeren; im rechten, schon zum Palas gehörenden Wandfeld, eine stark beschädigte Löwenfigur auf Konsole. Weiter östl. der breitgelagerte Verbindungsbau zum der Stadt zugewandten Eckgebäude, beide vermutlich im 16. Jh. auf die romanische Ringmauer gebaut, urspr. mit mehreren Schmuckgiebeln. Seit dem Brand nur noch die Umfassungsmauern erhalten, so daß die Ostansicht ihre ehem. Wirkung völlig eingebüßt hat. Auf der Nordseite bis vor dem Brand völlig eingebaut, heute freistehend, der wuchtige, romanische Bergfried mit seinem jüngeren Giebelkranz. – Innen. Die historische Raumordnung sowie die historistische Ausstattung u. a. Historienbilder von Anton Kaulbach durch den Brand verloren. Im Erdgeschoß des romanischen Kernbaus kreuzgratgewölbte Halle (Torhalle?); im Obergeschoß großer Saal, die gekoppelten Südfenster durch quadratische Wandpfeiler mit aufwendigem, antikisierendem Blattwerk verziert, diese von konsolartigen, hockenden Löwen getragen und mit profiliertem Kämpfer versehen. Sie tragen die Bogenarchitektur über den Fenstern. An der östl. Nordwand konnte ein romanisches Biforienfenster freigelegt werden. In dem kleinen, quadratischen Kapellenraum an der Ostwand der Apsisbogen zur urspr. Altarapsis sichtbar. In den Raumecken drei von vier rechteckigen Plinthen für freistehende Säulchen sowie die vier dazugehörigen, mehrfach profilierten Kämpferplatten erhalten, darüber das Bandrippengewölbe mit rosettengeschmücktem, kreuzförmigem Schlußstein. Die Säulchen nach neuesten Forschungen 1861–67 als Spolien in der Dirnitz der Wartburg (Eisenach) eingebaut und nach Abbau derselben eingelagert. Der Sakralraum ist typologisch in die Reihe der Hauskapellen der 2. H. 12. Jh. einzuordnen, vgl. >>Lobdeburg (Jena-Lobeda). Der durchaus beachtliche Bestand an romanischer Substanz läßt eine Einordnung der Burg in die Reihe bedeutender thüringischer Burgen der Romanik wie >>Wartburg, Runneburg (Weißensee), Creuzburg, Tannroda und andere zu. Der qualitätvolle, wohl nur teilweise erhaltene Renaissanceschmuck im Inneren wie am Außenbau ist für die M. 16. Jh. beispielhaft.
Niederburg, heute Ausflugslokal. Nordöstl. erhöht stehende, aus Haupt- und Vorburg bestehende sowie durch Ringmauer und Wall befestigte Anlage, nach Teilung der Herrschaft 1172 gebaut. 1233 erstmals urkundlich genannt. Nach mehrfachen spätmittelalterlichen Um- und Ausbauten im 19. Jh. zunehmend verfallen. 1906 im Stil einer mittelalterlichen Burg renoviert und ergänzt. 1976 bzw. 1995 zu Ferienheim und Ausflugslokal umgebaut. Teile der urspr. dreiseitigen, hausteinsichtigen Gebäudegruppe um Innenhof erhalten. Der Vorburgbereich heuteverändert, das Tor zum Kernhof mit Wappen der Niederherrschaft. Die weitläufige, zinnenbekrönte Ringmauer teilweise mittelalterlich, teilweise rekonstruiert, auf der Stadtseite das Torhaus mit Fachwerkobergeschoß; der umlaufende Wallgraben bewachsen, aber nachvollziehbar.
Pfarrhaus, südl. neben der Kirche. Zweigeschossiger breiter Rechteckbau des 17. Jh., das Erdgeschoß in Haustein, im Obergeschoß Fachwerk mit Andreaskreuzen und Streben, Krüppelwalmdach.