MAGDEBURG / Ehem. Kirche St. Johannis
Ehem. Kirche St. Johannis, heute
Kulturzentrum (
Johannisbergstraße
). Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte, bis in die 1990er
Jahre als Ruine erhaltene, danach als Konzerthalle ausgebaute gotische
Hallenkirche mit Doppelturmfassade. – Ehem. Markt- und Ratskirche, älteste
Pfarrkirche Magdeburgs. Durch Grabungen 1950/ 51, 1992 und 1997/98 insgesamt
vier steinerne Vorgängerbauten nachgewiesen: die älteste von zwei
Saalkirchen wohl aus dem späten 11. Jh., für
die 1. H. 12. Jh. ein Bau mit ausgeprägter
Kreuzform und Krypta nachgewiesen. Die westl. Doppelturmfassade im Kern
frühes 13. Jh., im 17. Jh. durchgreifend erneuert. Nach Brandschaden, 1297, im
1. Dr. 14. Jh. Ausbau als dreischiffige
querschifflose Halle von sechs Jochen mit quadratischen Seitenschiffsjochen
und das Mittelschiff schließendem 5 / 8 -Polygon (wohl in Anlehnung an das
dort aus dem romanischen Vorgänger entwickelte System der Martinikirche zu
Braunschweig). Das Schiff nach Blitzeinschlag 1451 erneut ausgebrannt, danach das Fenstermaßwerk des
Langhauses erneuert und die spätgotische westl. Vorhalle errichtet. Anbau
der Sakristei 1505. Die rechteckigen
Schiffspfeiler und die Kreuzgewölbe nach der Zerstörung von 1631 erst 1669 wiederhergestellt; nur die nördl. Pfeilerreihe mit den
Scheidbögen erhalten. Die Sakristei 1670 wiederhergestellt. An der Nordostecke des Langhauses runder
Treppenturm von 1697, wohl anstelle eines
älteren: Datum 1507 an einem wiederverwendeten Türsturz. 1672 die Türme mit Welschen Hauben versehen,
heute nur noch der nördl. Nach Zerstörung 1945 Ruinensicherung. 1982
Ausbau der Westvorhalle als Gedenkstätte für die Zerstörungen der Stadt 1631
und 1945. Bis 1999 neues Schiffsdach in den alten Dimensionen aufgesetzt,
das Innere durch eine flache Decke geschlossen und ein funktionaler Anbau an
das Nordseitenschiff angefügt.
Der Westbau ein querrechteckiger Baublock aus hammerrechtem Bruchstein-Mauerwerk mit sparsamer
Werksteingliederung, nur das oberste Geschoß der Türme frei aufsteigend, der
Zwischenbau mit steilem Satteldach in West-Ost-Richtung abgeschlossen;
ähnliche Turmfassaden urspr. an den meisten Magdeburger Pfarrkirchen.
Vorgelagert eine spätgotische Halle, das Portal und vier gestaffelte Fenster
reizvoll zusammengefaßt, darüber der steile Giebel, daran eine
Apostelfigur
1. H. 15. Jh.; innen hohes Kreuzgewölbe. Von der urspr. als
Erbbegräbnis der Familie Alemann/Guericke errichteten,
1890 zum Haupteingang umgebauten Kapelle an
der Nordseite nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nur noch die Gruft
erhalten. Im Nordseitenschiff eine dreigeschossige, zum Mittelschiff
verglaste Stahlkonstruktion mit Café und Ausstellungssaal, Haupt- und
Südschiff eine ernüchternde pfeilerlose Konzerthalle. Im Chor spätgotische
Sakramentsnische mit krabbenbesetztem Wimperg und
Gerätenischen.
Torso des Kanzelträgers von Tobias Wilhelmi in weit ausgreifender Bewegung,
dat. 1676. In der Westvorhalle
Nachguß der
Begleitfigur des Wormser Lutherdenkmals „Die Trauernde Magdeburg“ von
Ernst Rietschel, 1858,
Ausführung Adolf Donndorf, um
1906. Von den
barocken
Epitaphen nennenswert: Bernhard von
Hutten (†1698) und Sigismund von
Lichtenhain
(†1687),
jeweils mit Brustbild des Verstorbenen, sowie Leberecht von
Guericke mit Ahnenprobe. Hervorzuheben die Sakristei im
Winkel zwischen Chor und nördl. Seitenschiff, ein kurzer nach Norden
gerichteter Raum mit von Konsolen getragenen Kreuzrippengewölben und 6 / 8
-Schluß, im Schlußstein Marienkrönung. – Außen
Martin-Luther-Denkmal, 1886 von Emil Hundrieser. Thematisch auf die
Zerstörungen Magdeburgs bezogene
Bronzetür und
Freiplastiken von Heinrich
Apel, 1982. An der Westseite des Schiffs stark
verwittertes
Renaissance-Epitaph des Bürgermeisters
Alemann, A. 17. Jh. An einem Strebepfeiler der
Nordwand figürlicher
Kindergrabstein mit Wappen und
Rollwerkkartusche für Thomas Alemann
(†1594). An der Sakristei stark verwittertes Relief mit vor
dem Schmerzensmann kniendem Stifter.