MAGDEBURG / Ehem. Stiftskirche Unser Lieben Frauen
Ehem. Stiftskirche Unser Lieben
Frauen. Der Bau mit dem Sanktuarium, einem Chorquadrat und
weiter, halbkreisförmiger Apsis sowie dem Querhaus beg.; Teile der Kirche
1078 benutzbar (Beisetzung von
Erzbischof Werner). Das Langhaus mit neun Arkaden, durch die frühgotische
Einwölbung des Mittelschiffs in vier quadratische und ein rechteckiges Joch
untergliedert.
Äußeres. Die Kirche in schlichten, streng anmutenden Formen. Weitgehender Verzicht auf
Gliederungen und Bauzier, ausgenommen das Querhaus mit Ecklisenen und
Rundbogenfries auf flachen, vereinzelt ornamentierten Konsolen; Reste eines
Blattwerkfrieses an der Westseite. Die Nebenapsis am südl. Querhausarm von
diesem durch kräftige, abgetreppte Pfeiler abgesetzt, durch Rundbogenfries
und Halbsäulen gegliedert, vielleicht erst nach 1129 in dieser Gestalt ausgebaut. Nach Einsturz des Chorgewölbes
und der Chorsüdmauer 1652 die Strebepfeiler
am Sanktuarium, die hohen spitzbogigen Fenster (spätgotisch?) und die
Mauerkrone 1696/1700 erneuert. – Das
Langhaus am Obergaden erst infolge der Wölbung des 13. Jh. durch Strebepfeiler untergliedert.
Im Westjoch des südl. Seitenschiffs großes Rundbogenportal mit schlichtem,
durch senkrechte Leiste unterteiltem Tympanon; das abgetreppte Gewände mit
eingestellten Säulen, die Kapitelle mit löffelartig gekerbtem Blattwerk, ein
Kapitell mit Maske. Die Türflügel
Bronzereliefs von Waldemar Grzimek, 1974/76,
„Gefahren und Kreatur“. Im östl. Joch vermauerter hochgotischer Durchgang
mit fein profiliertem Gewände. – Der Westbau eine Dreiturmgruppe mit
Mittelturm über quadratischem Grundriß, begleitet beidseits von einem hohen
Rundturm. Der Mittelturm mit kräftig vortretender Eckquaderung. Die
Obergeschosse jeweils um Weniges zurückgesetzt, der obere Abschluß ein
Rundbogenfries. Das Portal im Untergeschoß romanisierend
von
1719–28
anstelle des urspr. offenen Zugangs zur Turmhalle. Im 1. Obergeschoß zwei
Oculi, im 4., dem Glockengeschoß, nach beiden Seiten Rundbogenöffnungen, die
eingefügten Biforien mit Säule und Kapitell. In den gemauerten Giebeln des
Satteldachs Biforien, die seitlichen mit einhüftigem Bogen. Durch die
geschoßmarkierenden Gesimse sind Mittelteil und Treppentürme
zusammengeschlossen. Die Gliederung der letzteren durch Lisenen im
Untergeschoß, durch Halbsäulen in den Obergeschossen. Die Freigeschosse über
dem Rundbogenfries nach allen vier Himmelsrichtungen mit Rundbogenöffnungen,
in die Biforien gleich denen des Mittelturms eingestellt sind. Abschluß
durch polygonale verschieferte Helme.
Das Innere ist geprägt durch die frühgotische Überformung der
weiträumigen romanischen Basilika. Chorquadrat und Hauptapsis infolge der
Krypta stark erhöht. In einer unteren Wandzone hohe rundbogige Nischen
(„Muldennischen“), einige durch die gotischen Dienste der vorgeblendeten
Arkaden partiell zugestellt. Die Apsis urspr. durch einen abgetreppten Bogen
vom Chorquadrat abgesetzt, durch den Verlust des gesamten Chorgewölbes 1944
nur die Pfeiler erhalten, ebenso die spätgotischen Gewölbe-Ansätze in der
Apsis. In deren Scheitel zwei jetzt zugesetzte Oculi. Den Seitenwänden des
Chorquadrats sind die Rundbogenarkaden für die Wölbung vorgeblendet, mit der
Abtreppung eingefügten Säulen und Archivolten; Kelchkapitelle. Die
Flachdecke von 1947/49 anstelle des spätgotischen vierteiligen
Rippengewölbes. Die Konzertorgel von 1979 ein die Raumwirkung empfindlich
beeinträchtigender Einbau. – Die Krypta, wohl der älteste Teil der Kirche,
erstreckt sich unter Apsis und Chorquadrat. Dreischiffige Halle von drei
Jochen sowie halbkreisförmiger Ostabschluß mit drei weiten und tiefen
Nischen für Altarstellen. Kreuzgratgewölbe mit Gurtbögen. Die monolithischen
Schäfte der Freisäulen aus Sandstein, Granit und Rübeländer Marmor. Die
Würfelkapitelle z. T. mit Dekor (Rosette, Flechtornament, Knoten,
Zickzackmuster); die Zwickel vielgestaltig ornamentiert. Die Basen noch ohne
Eckzehen. Die Halbsäulen der Wände aus Steinquadern zusammengesetzt, die
Kapitelle plump. Kleine Rundbogenfenster mit tiefer Laibung, in der
Nordmauer Oculi. Nach Westen drei große rundbogige Durchgänge zu einem
(rekonstruierten) Quergang mit Tonnengewölbe als Zugang, zu dem beidseits
Treppen aus den Querhausarmen herabführen. Der Fußboden Kalkestrich
(ergänzt). – Querhaus und Langhaus. Die sichtbaren Partien des romanischen
Querhauses ohne Bauglieder. Das Langhaus als Säulenbasilika errichtet, als
viertes und achtes Stützenpaar Pfeiler. Die anderen Stützen nach 1188 gegen
einander entsprechende quadratische Pfeiler mit unterschiedlich abgefasten
oder abgetreppten Kanten ersetzt oder aber ummantelt; nur die urspr. Säulen
des östl. Paars erhalten und noch z. T. sichtbar, mit hoher attischer Basis,
die Würfelkapitelle und Kämpfer mit gekerbtem Blatt- oder Flechtornament.
Die Arkadenbögen im Wechsel von gelblichen oder roten Sandsteinquadern
aufgemauert (wohl nicht urspr. auf Sicht angelegt). Knapp darüber Fries mit
Flechtornament. Das westl. Langhausjoch weicht ab: größere Jochtiefe und
Arkadenweite, die Kämpfer daher tiefer ansetzend, kein Farbwechsel der
Steinquadern im Bogen, kein Fries; wohl erst nach 1129 als Verbindungsjoch
zum Westbau ausgeführt. Die romanischen Vierungspfeiler mit z. T. flach
reliefiertem Kämpfer (Blattwerk, Vögel), auf der Chorquadratseite höher
angebracht; die halbkreisförmigen Gurtbögen an Ost- und Westseite der
Vierung (urspr. durch Chorschranken abgetrennt) erhalten, die zu den
Querhausarmen spitzbogig erneuert. Große Rundbogenfenster in den Achsen der
Arkadenscheitel, die Gewände und Sohlbank geschrägt; einige Fenstergewände
abgetreppt, mit Rundstab. Überformung der Wände von Querhaus und
Mittelschiff im Zug der Einwölbung um
1221/22 (d). Beiden Raumteilen sind unterhalb der
Obergadenfenster spitzbogige Arkaden vorgeblendet, im Querhaus auch
rundbogige, unter Wahrung der romanischen Arkaden und abgeschlossen durch
ein kräftiges Gesims über Rundbogenfries. Dem Obergaden sind spitzbogige, in
den Querhausarmen auch rundbogige Schildmauern für die Wölbung vorgelegt;
schmale Durchgänge hinter den frühgotischen Säulen des Querhauses und dem
vom Boden aufsteigenden, durch eine Verstärkung in Höhe der seitlichen
Kapitelle unterbrochenen Diensten im Mittelschiff bilden zusammen mit der
Gesimskrone einen Laufgang mit Zugang zu den Dächern der Seitenschiffe.
Durch die Wölbung sind im Mittelschiff jeweils zwei der romanischen Arkaden
zusammengenommen zu insgesamt vier knapp unterquadratischen Jochen mit
sechsstrahliger Rippenfiguration und trennenden Gurten; das schmale Westjoch
mit Kreuzrippengewölbe. Die in manchen Abschnitten etwas unsicher geführten
Rippen zeigen unterschiedlichen Querschnitt; die vier der Vierung und die
sieben des Südquerhausarms sind Birnstäbe auf gekehltem Band, die sieben des
Nordquerhausarms Rundstabpaare; im Mittelschiff drei Rundstäbe mit kleiner
Abtreppung dazwischen, die Gurte Rundstabpaare. In den Gewölbescheiteln
meist Schlußringe unterschiedlicher Gestalt und Größe, im Nordquerhausarm
ein Abhängling. Die Seitenschiffe zeigen Kreuzgratgewölbe über abgetreppten,
den Außenwänden vorgestellten Pfeilern. Die Kapitelle überwiegend glatt, nur
in den Querhausarmen auch krauses Blattwerk. – Westbau. Das Untergeschoß
urspr. nach Westen offene Vorhalle, nach Osten einst der Hauptzugang zum
Mittelschiff. Wölbung mit Bandrippen, die Säulen in den Raumecken mit
strengen Würfelkapitellen. In der Laibung des Bogens zum Mittelschiff Reste
gemalter Heiligenfiguren. Das Emporengeschoß zum Mittelschiff mit weitem
Bogen geöffnet, seine Kämpfer mit Schachbrettmuster. Flachdecke. – Eine
Ausstattung als Kirche fehlt infolge der Einrichtung als Konzerthalle.
Lediglich zwei
Grabsteine in den Seitenschiffen: für den
Propst Samuel Closius (†1678) und für den
Syndikus der Pfälzer Kolonie Johann Heinrich Reich
(†1713).
Im Nordquerhausarm große
Marmorplatte für
Erzbischof Norbert, wohl 16. Jh.