MAGDEBURG / Ev. und ev.-ref. Walloner-Kirche St. Augustini
Ev. und ev.-ref. Walloner-Kirche St.
Augustini (
Neustädter Straße
). Charakteristische Anlage einer Bettelordenskirche:
Dreischiffiges Hallenlanghaus von sieben Jochen mit einschiffigem, z. Zt.
abgemauertem Langchor von vier Jochen und 5 / 8 -Schluß. – Ehem. Kirche des
1285 gegr. Klosters der
Augustiner-Eremiten, dieses 1524
aufgehoben. Nach Fertigstellung der Klosteranlage 1295 die Kirche beg., 1300
Vollendung des Chors, hier 1311 Beisetzung des Stifters Werner
Feuerhake, das Langhaus wohl mit der Weihe 1366 vollendet. Im späten 14. Jh. zweigeschossiger Kapellenanbau an der Chorsüdseite,
1631 Dachbrand, 1639 Teileinsturz der Gewölbe, 1690–94 für die ref. Wallonergemeinde
wieder instandgesetzt. 1945 durch
Bombentreffer stark beschädigt, 1951 der Triumphbogen aus
sicherungstechnischen Gründen vermauert, 1965–77 Wiederaufbau.
Außen. Die turmlose Westfassade durch drei mächtige Fenster und derbe Strebepfeiler
monumentalisiert. Das Langhaus wuchtig mit strebepfeilerlosen, glatten
Außenwänden. An der Nordseite hohe dreiteilige Fenster mit meist erneuertem
Maßwerk, an der Südseite wegen der urspr. hier anschließenden Klostergebäude
hochgelegene schmalspitzbogige Lanzettfenster. Dagegen der Chor von
wohlproportionierten schlanken Verhältnissen, mit hohen dreiteiligen
Maßwerkfenstern und Strebepfeilern. Auf einem Strebepfeiler an der Südseite
zwischen Chor und Langhaus vorkragend schlanker achteckiger Turm mit
abschließender Brüstung und Fialen, A. 15. Jh., nach Blitzschlag, 1978,
1980–91 rest. An der Südseite der beiden östl. Joche des Langchors
zweigeschossiger Anbau. Die kleine ref. Kapelle im Erdgeschoß aus zwei
L-förmig aneinander stoßenden kreuzrippengewölbten Räumen von jeweils zwei
Jochen pro Schenkel, am östl. mit eingezogenem 5 / 8 -Schluß von sorgsamer
Durchbildung, der
Gewölbeschlußstein mit Darstellung von
Christus auf dem Löwenthron, spätes 14. Jh.
Das Innere mit flacher Decke in Schiff und Chor anstelle der urspr. Kreuzrippengewölbe; die von
Konsolen abgefangenen Runddienste erhalten. Im Langhaus das breite
Mittelschiff gegenüber den schmalen Seitenschiffen räumlich vorherrschend;
durch die eng gestellten Stützenpaare (quadratische Pfeiler mit sehr hoch
ansetzenden gedrückten Spitzbögen) die Raumwirkung vertikal gesteigert. Die
Umfassungsmauern an den Wänden durch große, die Fenster umspannende Bögen an
Stärke vermindert. Das
spätgotische
Schnitzretabel und die
Taufe
1976 als Leihgabe aus der
Ulrichskirche in Halle: über dem dazugehörigen blendengegliederten Stipes
(noch 14. Jh.) das qualitätvolle
Schnitzretabel mit vier
Flügeln, inschriftlich 1488, die Malerei fränkisch beeinflußt,
die Skulptur mitteldeutsch, letzte Restaurierung 1998. Die Schreinskulpturen aus
Lindenholz mit reichen filigranen Verzierungen vor
Pressbrokat-Hintergründen, unter aus reich verschlungenen Ranken
gearbeiteten Baldachinen. In der Schreinmitte Segnung der gekrönten Maria
zwischen den beiden hll. Bischöfen Ulrich und Ludger, die Engelsköpfe im
Hintergrund eine barocke Zutat, in den Flügeln links die hll. Katharina und
Ursula, rechts die beiden Ritterheiligen Victor und Mauritius; die erste
Wandlung zeigt auf Tafelbildern vier Szenen der Kindheit Jesu in
kapellenartigen gewölbten Innenräumen mit Spitzbogenfenstern: Mariae
Verkündigung, Jesu Geburt, Anbetung der Heiligen Drei Könige und Darstellung
im Tempel, das geschlossene Altarretabel zeigt Tafelbilder der vier
lateinischen Kirchenväter in Interieurs mit Holzbalkendecken und
Landschaftsausblicke bietenden Kreuzstockfenstern: auf dem linken Flügel
Papst Gregor I. und
Hieronymus, auf dem rechten Flügel Ambrosius und
Augustinus. Die gemalte Predella zeigt sechs weibliche Heilige: Agnes,
Margareta, Maria, Dorothea, Ursula und Barbara. Das reiche Gesprenge in
überraschend lockeren und reichen Astwerkformen im Barock und 19. Jh.
mehrfach überarbeitet, darin unter detailreich verzierten Baldachinen drei
nicht vollplastisch gearbeitete Heiligenfiguren: Muttergottes auf der
Mondsichel zwischen Barbara und Katharina, darüber Christus als
Schmerzensmann; der triumphierende Christus eine barocke Zutat. Rückseite
von Schrein und Predella mit graphischem Rankenwerk bemalt. Die
Bronzetaufe, 1430 von Ludolf von Braunschweig und seinem Sohn
Heinrich in Magdeburg gegossen
(Inschrift), Maria und drei Heilige tragen das runde Becken über rundem
Sockel; am Becken Reliefs von Christus, Maria und den zwölf Aposteln unter
Rundbogenarkaden; fast identisch mit der Taufe in der Marktkirche zu Halle.
Davidstatue, wohl von einem Orgelprospekt stammend,
E. 18. Jh. Im Schiff abgestellt
Bronzeglocke
von Jacob Wentzel, 1768. In
Chor und Kreuzgang
Renaissance-
und Barock
epitaphe und
-
grabsteine, z. T. aus der ehem. Pfarrkirche St. Jakobi
und der >> Johanniskirche stammend.