ORTENBERG / Ev. Stadtkirche
Ev.
Stadtkirche, ehem. Unser Lieben Frauen: Sechs Bauperioden
bestimmen die heutige Erscheinung: 1. Von einer kreuzförmigen
romanischen Anlage des 12. Jh. –
einschiffig mit Querhaus und wahrscheinlich einer Apsis – die
Westwand des Schiffs, die Nord- und Ostwand des nördl. Querarms, die
Südwand des Schiffs im Bereich des Turms erhalten, der südl.
Querarm ergraben. – 2. Wohl 1. H. bis M.13. Jh.
durch einen Rechteckchor (mit Apsis ?) und den Anbau eines
nördl. Seitenschiffs in der Flucht des nördl. Querarms
erweitert. Erhalten die Nordwand des Chors und Teile der Arkade zum
Seitenschiff. – 3. Anbau des Turms, fertiggestellt mit dem
Helm 1368 (d).
– 4. Neubau des bis heute bestehenden Chors ab etwa 1380, das Dachwerk um 1392 (d),
danach eingewölbt. – 5. Um- und Neubau des
Langhauses beginnend mit dem südl. Seitenschiff um 1430–50 (von den gleichen
Steinmetzen wie das Langhaus der Klosterkirche in
>> Hirzenhain); danach, vielleicht nach einer
Bauunterbrechung, Umbau der älteren Teile: Einwölbung von
Mittelschiff und nördl. Seitenschiff und teilweise neue Arkaden.
– 6. Nach Sturmschaden 1700 bis
1703/04 grundlegende Renovierung: Wiederaufbau des zwischenzeitlich
(mit Ausnahme des erhaltenen romanischen Querarms) abgetragenen nördl.
Seitenschiffs und Erneuerung des Dachwerks über allen drei Schiffen des
Langhauses.
Dreischiffige Hallenkirche mit Schiffen
ungleicher Breite und mittelschiffsbreitem, nordwärts aus der Achse
abweichendem Chor von zwei Jochen mit 5/8-Schluss. Dachwerk über
Langhaus und Chor in gleicher Firsthöhe. Der Turm am Westende des
südl. Seitenschiffs; der spitze Helm über vier verschieferten
Giebeln, ähnlich dem der Pfarrkirche zu
>> Selters. In die Turmwestwand große Nische mit
giebelförmigem Abschluss. Schlichtes abgetrepptes Westportal von der
romanischen Kirche zum Mittelschiff. Unmittelbar südl. neben dem
Westportal spätgotische Nische mit Umschrift zum Gedenken der
Dorothea Weiß, urspr. für
mittelalterliche Totenleuchte (?). Die Nordwand des ehem. Querschiffs
mit Kantenquaderung, schmalem Fenster und Portal. In der nördl.
Chorwand ein vermauertes Fenster erkennbar. Die Maßwerkfenster im
Südseitenschiff mit Fischblasenformen. Vor dem Südportal
kreuzrippengewölbte Vorhalle, um 1450, vielleicht von Meister
Stephan von Irlebach, mit
Eppsteiner Wappen im steilen krabbenbesetzten Kielbogen, neben den Fialen
Wasserspeier.
Im Innern kreuzrippengewölbtes
Mittelschiff, breites südl. Seitenschiff mit Achteckpfeilern und
Netzrippengewölbe sowie schmales nördl. Seitenschiff mit
Mauerpfeilern und Gewölben im romanischen Querarm, im Westteil
flachgedeckt. Die Schlusssteine figürlich, z. T. mit Eppsteiner Wappen.
An den Gewölben spätgotische
Rankenmalereien, 2. H.
15. Jh. (1952 freigelegt). Der Chor
kreuzrippengewölbt, Sakristei tonnengewölbt. Die Formen des
Chorbaus stimmen mit denen des Chors zu Hirzenhain überein, nur werden
in Ortenberg die Gewölbedienste über der romanischen Nordwand
von Konsolen abgefangen. – Segmentbogige Sakristeipforte mit reichem
Maßwerktympanon. Möglicherweise als Grablege des
Eberhard von Eppstein
(† 1382) errichtet, sein
Wappenstein und ein stilistisch
ähnliches Lichthäuschen (Totenleuchte ?) daneben
eingemauert, ferner zwei gleichgestaltete
Sakramentshäuschen und
Levitennische. Eingemauertes Bruchstück eines
Steinreliefs mit Halbfiguren (drei Frauen
mit Salbgefäßen), 15. Jh.
– Der gemalte
Flügelaltar ist eine Kopie
(1958 von H.
List), das Original , um 1420, heute im Landesmuseum
>> Darmstadt, ein außergewöhnliches
Werk, das die Figuren aus den Gold- und Silberflächen zeichnerisch
herausarbeitet. Lebensgroßes
Kruzifix, Holz, um
1500 (die alte Fassung 1956 in Stand gesetzt). –
Frühgotischer achteckiger
Taufstein
13. Jh. (?). – Steinerner
gotischer
Kanzelfuß,
E. 14. Jh. –
Chorgestühl mit symbolischen,
etwas unbeholfenen Schnitzereien (Christophorus, Eppsteiner Wappen, Tiermotive),
E. 14. Jh. – Kleiner
Orgelprospekt von J. A. Heinemann1784. – Zahlreiche
Grabsteine, meist
16. Jh., häufig mit Ahnenwappen,
hervorzuheben der figürliche des Amtmanns Thylo
Ziegler († 1581). – Romanisches
Vortragekreuz aus Bronze,
Dreinageltypus, in den Dreipassenden eingraviert die Evangelistensymbole
(deponiert). –
Glocken, eine
mittelalterlich, zwei 1686,
davon eine sicher, die andere vermutlich von A.
Fell und J. J.
Rincker.