SCHLEUSINGEN / Ev. Stadtkirche St. Johannes

Ev. Stadtkirche St. Johannes. Eine Kirche St. Maria und Johannes erstmals 1235 genannt, deren Standort und Aussehen nicht eindeutig geklärt, wohl bei dem großen Stadtbrand 1353 zerstört. 1483 Grundsteinlegung zum Bau der gotischen, vermutlich gewölbten, Hallenkirche auf der Stadtseite der Bertholdsburg. 1498 Weihe. 1608 Turm um zwei Obergeschosse erhöht. 1629 Weihe einer neuen Ausstattung. 1723–27 grundlegende Erneuerung des Kirchenschiffes und Einbau des protestantischen Emporensaales. 1880 größere Renovierung, Ersatz der Gipsstuckdecke durch Holzdecke. 1941 Orgel erneuert. 1989–91 letzte Restaurierung.
Im Osten der heutigen großen, werksteinsichtigen Saalkirche der fast vollständig erhaltene Chor der gotischen Kirche: Der eingezogene, außen von Strebepfeilern begleitete Chor mit 5/8-Schluß sowie umlaufendem Sockel- und Sohlbankprofil und Spitzbogenfenstern; der nordöstl. Turm mit zusätzlichem Treppentürmchen, die ins Oktogonale übergehenden Obergeschosse und die Schweifhaube jünger; die südöstl. rechteckige Ägidienkapelle mit der Grablege der Henneberger. Der Saal dürfte durch den Umbau im 18. Jh. nur noch in den Außenmauern auf die gotischen Halle zurückgehen, ablesbar an den verschiedenen Zusetzungen der Westwand. Die fünfachsigen Langhausfassaden mit Flachbogenfenstern in zwei Reihen übereinander, jeweils zwei Eingänge mit Segmentbogengiebel. Der Innenraum wird von der Flachdecke und den dreigeschossigen Emporen mit verkleideter, westl. Loge im zweiten Obergeschoß bestimmt. Der Chorraum durch eine Wand abgetrennt und als Gemeinderaum genutzt. Im Triumphbogen der Kanzelaltar 1723–26, zwischen Säulenpaaren der Altar, in den Sprenggiebel der polygonale Kanzelkorb mit Ecksäulchen gesetzt und von Schalldeckel bekrönt. Darüber die konkav geschwungene Orgelempore, der fein geschnitzte und reich vergoldete Orgelprospekt um 1726. An den beiden Seiten des Triumphbogens Epitaphien der Familie des kursächsischen Oberaufsehers Stocmejer, nördl. für Christian Friedrich 1775, südl. für seine Frau 1758 und die Tochter 1760, alle reich mit rocaillegerahmten Kartuschen, Inschriften und von Personifikationen begleitet. An der Westwand auf der nördl. Emporenseite kleines Kreuzigungsrelief des 15. Jh. An der Nordwand Epitaph (Stein) mit Büste des Georg Emes 1524 in architektonischer Rahmung. Im Chorhals nördl. der spitzbogige Durchgang zum Turm, südl. steinernes Epitaph mit Trinitätsdarstellung für Gabriel Hartmann 1674. Im flachgedeckten Chorraum an der Ostwand Figuren eines ehem. spätgotischen Altarwerkes, Christus mit den hll. Paulus, Andreas, Simon und Philippus, die beiden Flachreliefs der Evangelisten Johannes und Lukas wohl aus dem gleichen Altarzusammenhang. Seitlich eine doppelseitig bemalte Almosentafel 1545/46. Im kreuzrippengewölbten Turmerdgeschoß schweifbogige Sakramentsnische sowie Figuren der vier Evangelisten und des Auferstandenen. Zur Südkapelle, der sog. Ägidienkapelle, ein schmiedeeisernes Gitter 2. H. 15. Jh. aus dem Kloster Grimmenthal hier eingebaut. In der Kapelle die Grablege der Henneberger, 1566 infolge der Säkularisation des >>Kloster Veßra, von dort nach Schleusingen verlegt (zwei Henneberger 1488 bzw. 1507 in >>Römhild bestattet). Zahlreiche liegende und an den drei Wänden stehende, steinerne Grabplatten bzw. Epitaphien vornehmlich des 16. Jh. Einige aus Veßra überführt, die anderen 1558–83, auch für einige nicht hier bestattete Glieder des Hauses, geschaffen. Die Verstorbenen in zeitgenössischer Rüstung, einige mit Wappen und verzierten Aufsätzen, die Frauen ebenfalls mit zeitgenössischen Kleidern und Hauben. An der Nordwand als Standfiguren Katharina geb. Gräfin von Hanau (†1460) und Wilhelm II. (†1444).
Ev. Kreuzkirche, auch Gottesackerkirche (Ilmenauerstraße). Massive, werksteinsichtige Saalkirche 1600–02 anstelle älterer Kapelle gebaut, der Innenausbau bis 1604. 2. H. 19. Jh. eingezogener Rechteckchor im Osten angebaut und 1894 bei Renovierung farbig verglast. Der rechteckige Saal mit Sockelprofil, die sechs Achsen bestehen aus kreisrundem Erdgeschoßfenstern und oberem Spitzbogenfenster getrennt durch ein Gesims. Auf der Westseite spitzbogiger Eingang, über dem Gesims spitzbogige Nische mit Christusfigur 1894 zwischen zwei Fenstern. Großes Satteldach mit interessantem, bauzeitlichem Dachwerk. Innen die flache Kassettendecke auf den raumhohen Holzpfeilern der eingeschossigen Empore mit Balusterbrüstung aufliegend. Großes Kruzifix urspr. mit Echthaar, A. 16. Jh. An der Ostwand und im Chorraum zwölf Grabplatten des ausgehenden 17. Jh. und 1. H. 18. Jh.: zumeist mit Inschrifttafel oder -kartuschen, in der Umrahmung Wappen, aber auch Engelfiguren mit Emblemen der Vergänglichkeit. In der Südwestecke drei mittelalterliche Grabplatten mit Kreuzrelief im Boden. Auf der Empore zwischen den Fenstern an den Längsseiten Tafelbilder, Ölgemälde bzw. kleine Epitaphien des 17. und 18. Jh.: Die Epitaphien mit Porträtbild im Zentrum, z. T. von architektonischem Rahmen und üppigem Rankenwerk umgeben, z. T. medaillonartig von Personifikationen oder Engeln getragen. Die Tafelbilder mit christlichen Motiven wie z. B. Gnadenstuhl, darunter Stifterfiguren und Inschrift. Schlanke Figur „Die getröstete Wartende“ aus ungefaßtem Zypressenholz, 1960er Jahre, von Elly-Viola Nahmmacher.
Bertholdsburg, heute Museum. Auf dem westl. Sporn des Hangrückens auf stattlichen Substruktionen stehende, zum Schloß ausgebaute, große Burg, die Westansicht der Altstadt dominierend. Auf der Ostseite durch Graben von der Stadt getrennt und mit der davorstehenden Stadtkirche ein bauliches Ensemble.
Baugeschichte. 1223–30 Bau einer Burg durch Graf Poppo VI. von Henneberg urkundlich belegt, die wahrscheinlich aus einem mehrgeschossigen, steinernen Rechteckbau (Keller- und Erdgeschoßreste im Gebäude auf der Nordwestecke erhalten) und einer nicht weiter bekannten Befestigung bestanden haben dürfte. 1275 Vergrößerung und Befestigung der Anlage sowie 1284–1340 Erweiterung unter dem vermutlich Namenspatron der Burg, Berthold VII. von Henneberg. Bis 1435 nördl. des bestehenden Baus ein mindestens dreigeschossiges, wohnturmartiges Steingebäude errichtet, um 1435 diese beiden Bauteile durch zusätzlichen Steinbau miteinander verbunden. In der 1. H. 15. Jh. mehrere Anbauten, so daß sich mindestens vier massive, mehrgeschossige Gebäude auf einem etwa dreiflügeligen Grundriß und weitere Fachwerkbauten innerhalb der Burgmauern befanden. M. des 15. Jh. die beiden runden, südl. Ecktürme als Batterietürme gebaut und durch verdeckten Wehrgang miteinander verbunden. In der 2. H. 15. Jh. Südflügel in erhaltener Kubatur angelegt, die Burg nun eine vierflügelige Anlage aus unterschiedlichen Einzelgebäuden. Nach der Zerstörung der Burg Henneberg Stammsitz des Geschlechtes, im Bauernkrieg Ausbau der Burg unter Wilhelm IV. von Henneberg zu schloßähnlichem Charakter. Um 1534 Überbauung der östl. Gebäude zu einem Flügel mit Fachwerkobergeschoß und Aufstockung der Türme. 1538 Hauptturm in der Südostecke des Hofes aufgebaut. 1542–59 Ausbau des Südflügels, bis 1583 Fachwerkobergeschoß des Nordflügels und Innenausstattung des Flügels sowie nordwestl. Treppenturm gebaut, so daß die im wesentlichen heute erhaltene Form aus vier Flügeln und mehreren Türmen erreicht war. Nach dem Aussterben der Henneberger war die Burg Sitz zunächst der albertinischen, später kursächsischen Herrscher und deren Verwaltung sowie zeitweise Witwensitz. Um 1617/18 Mittelteil des Westflügels auf den unteren Teilen des Vorgängerbaus errichtet, 1631 das heutige Schloßtor gebaut und die Brücke erneuert; in der 2. H. 17. Jh. verschiedene Innenausbauten. Seit dem 17. Jh. kontinuierliche Reparaturen und Wiederherstellungen nach Brandschäden (1683, 1685, 1748). 1824 Beseitigung des verdeckten Überganges vom Schloß zur Kirche. 1838–44 größere Reparaturen im Bereich der Dachwerke und Dachgiebel, die Turmaufsätze erneuert. 1892/93 Erneuerung des Ostflügels insbesondere der zur Stadt gewandten Seite. Seit 1950 unterschiedlichste Nutzung. 1981–85 Sanierungsarbeiten und seit 1984 vorwiegend museale und verwaltungsmäßige Nutzung.
Äußeres. Dem Hangrücken angepaßt im Westen auf höheren Substruktionen, im Osten auf der Böschungsmauer die meist dreigeschossigen, zu Flügeln zusammengefaßten Gebäude um trapezförmigen Hof. Alle Bauteile in massivem Quadermauerwerk, das oberste Geschoß, mit Ausnahme des Südflügels, jeweils in Fachwerk. Die Schauseite und urspr. Feldseite der Burg ist die breitgelagerte Westfront. Der mittige, über alle Geschosse gehende Vorbau mit Schweifgiebel und die beiden, den südl. Stufengiebel rahmenden Türme akzentuieren die im wesentlichen werksteinsichtige Fassade. Auf der Südseite ist die sechsachsige Fassade zwischen die beiden mächtigen Türme gespannt, die urspr. schildmauerähnliche, fortifikatorische Nutzung dieser Seite in der heutigen äußeren Form noch nach-vollziehbar. Auf der Stadtseite die verputzte Giebelseite des Süd-flügels mit erkerartigem Vorbau sowie der breitgelagerte, vom Fachwerk der Obergeschosse (1892/93) bestimmte Ostflügel. Die Zugänge heute von der Stadtseite über das Schloßtor mit säulen-gerahmten Portal und den Durchgang des Ostflügels in den Innenhof oder über die Treppen vom Schloßpark durch den kreuzgratge-wölbten Gang im Erdgeschoß des Westflügels in den Hof. Dort die einfachen Hoffassaden, die Flügel über die verschiedenen Erdgeschoßeingänge und die Treppentürme erschlossen. Der nordöstl. runde Turm 3. V. 16. Jh., mit Schulterbogenöffnung, deren Rah-men mit Überstabung und Säulchen. Der südöstl. polygonale als Hauptturm des Schlosses (1538, Obergeschosse 1597 erneuert) mit welscher Haube bekrönt, der Eingang von profiliertem Bogen und Rahmen aus Pilastern und Gebälk gefaßt, darüber das Wappen der Henneberger (bez. 1618). Zwischen Hauptturm und westl. Treppenhaus in den beiden Obergeschossen jeweils eine kreuzgratgewölbte Loggia (17. Jh.).
Innen. In allen Flügeln weitgehend die entsprechend bauzeitlichen oder sogar älteren Keller erhalten. Durch die unterschiedlichen Nutzungen und Umbauten im Laufe der Zeit oft nur Gewölbe in den Erdgeschoßräumen oder in den Obergeschossen die flachen Balkendecken auf Unterzügen erhalten, bisher wenige historische Raumfassungen nachgewiesen. Im ersten Obergeschoß des Nordflügels auf der Höhe des Treppenturmes ein kreuzgratgewölbter Raum mit Mittelstütze, das sog. Herkuleszimmer, die Wandmalereien um 1600. In Grau- bzw. Ockertönen Szenen aus dem Leben des Herkules in Rollwerkrahmung mit Bildunterschriften. Südl. daran anschließend mehrere Räume mit bemerkenswerten Stuckdecken um 1663. Im Erdgeschoß des Südflügels sind in der südl. Außenwand die Reste des ehem. Wehrgangs erhalten, die unteren Geschosse der Türme gehen ebenfalls auf die Batterietürme der Befestigung zurück. In den Obergeschossen einige Portale aus der M. 16. Jh. erhalten.
Rathaus (Markt 1). Dreigeschossiges verputztes Gebäude, im Kern 1550. Aus dieser Zeit der spitzbogige Eingang mit Überstabung. Darüber der über die Obergeschosse reichende Erker mit welscher Haube bekrönt.
Wohnhausbau. Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wohnhäuser größtenteils den Stadtbränden zum Opfer gefallen. Die zwei- bis dreigeschossige, meist traufständige Randbebauung des rechteckigen Marktes mit verputzten Fassaden südl. nach 1679, nördl. nach 1773, westl. das >>Rathaus. Einzelne Gebäude oder Gebäudeteile des 16./17. Jh. dennoch erhalten und teilweise sichtbar: Häuser mit Renaissanceportalen in der Bertholdstr. 6: Portal inschriftlich 1609. Elisabethstr. 8 : Portal inschriftlich 1608. Kirchstr. 2: Sitznischenportal inschriftlich 1609. Einzelne Fachwerkbauten mit Schmuckfachwerk z. B.: Burgstr. 9, 1992 renoviert. Suhlerstr. 9, ehem. Schule, heute Wohnhaus, 17. Jh.
Naturhistorisches Museum und Heimatmuseum (>>Bertholdsburg). Seit 1934 geologische Ausstellung in der Burg, 1953 durch das Heimatmuseum erweitert. 1984 Eröffnung des Naturhistorischen Museums.