MEISSEN

Inv. Meißen-Burgberg und Meißen-Stadt
Neben der Besiedlung des Burgbergs ab 929, dem Ursprung der markgräflichen, bischöflichen und burggräflichen Gewalt, entstand unterhalb der Burg an der Elbe zum Schutz der Furt ein 983 genannter Burgflecken mit einer 1002 erwähnten Wasserburg. Daneben entwickelte sich südlich am Fuße des Burgbergs und der Wasserburg eine offene Siedlung, „Jahrmarkt“ genannt, unter burggräflicher Grund- und Gerichtsherrschaft, deren Zentrum der heutige langgestreckte Theaterplatz war. Ausgrabungen von 1970–92 bezeugen eine 1109 südwestlich des Jahrmarktes angelegte hölzerne Straßenunterkonstruktion für die heutige Burgstraße und ihre Mündung in den Markt. Eine an dieser Stelle befindliche Marktstadt unter markgräflicher Herrschaft mit einer Kapelle (Capella Sanctae Mariae in foro) erstmalig 1205 erwähnt. Die Anlage der neuen Marktstadt und der Bau der steinernen Elbbrücke bald nach 1200 an der heutigen Stelle verlagerten das Handelszentrum zum heutigen Markt hin. 1221–28 Bau der Schloßbrücke, die den Großen Hohlweg überbrückt, dem Hauptverkehrsweg an der Burg vorbei. Neben Burgberg, Jahrmarkt und Marktstadt besteht als vierter der damals topographisch und verfassungsmäßig voneinander geschiedenen Teile die Afrafreiheit. Auf einem Bergplateau vor dem Burgzugang gelegen und nach der seit dem 12. Jh. nachgewiesenen Pfarrkirche St. Afra benannt, mit verteidigungsfähigen „Festen Ritterhöfen“ zum Schutze der Burgzufahrt und bereits vor 1200 auch von befestigten Domherrenkurien bebaut. Dieses Gebiet war von städtischer Herrschaft und von Abgaben befreit, woher der Name rührt. Noch heute sind von den festen Höfen der Jahnaische Hof mit seiner Mauer (>> Freiheit 1), das Burglehn am vorderen Burgtor (>> Freiheit 2), der Jahnsche Hof (>> Freiheit 6) und die Afranische Pfarre (>> Freiheit 7) erhalten. Auf der südlichen Hochfläche ist von den Domherrenhöfen u. a. die heutige Superintendentur (>> Freiheit 9) bestehen geblieben. 1205 wurde vor der Pfarrkirche St. Afra das Augustiner-Chorherrenstift St. Afra gegründet. Weitere geistliche Einrichtungen waren das in der Wasserburg eingerichtete Benediktinerinnenkloster, 1217 geschlossen und nördlich in die Elbaue als Kloster zum Hl. Kreuz (>> Meißen-Klosterhäuser) neu gegründet; Klosterruine erhalten (Hochuferstraße). 1250 entstand am südlichen Stadtrand das Franziskanerkloster und um diese Zeit auch das Stift St. Georg in Zscheila auf der anderen Elbseite (>> Trinitatiskirche). 1270 die Nikolaikapelle am Neumarkt genannt.
1220 war ein Mauerring um Meißen gezogen. Vorher bot eine lose Reihe befestigter Höfe von Ministerialen den Marktsiedlungen Schutz, ähnlich den festen Höfen auf der Afrafreiheit. In der Stadt waren dies der >> Taubenheimer Hof (Schloßberg 2), der Hof im Süden des Jahrmarkts (Elbstr. 9), das heutige >> Rathaus (Markt 1) und der >> Miltitzer Hof (Görnische Gasse 4) an der Ausfallstraße nach Südwesten. Im 14. Jh. umschloß eine feste Stadtmauer mit Befestigungstürmen und Stadttoren die vier unterschiedlichen Bezirke. 1316 sind ein Bürgermeister und ein Rat erwähnt. Mit der Einverleibung des burggräflichen Jahrmarktes in die markgräfliche Marktstadt 1446 verschmolzen die beiden bürgerlichen Stadtbezirke. Der endgültige Erwerb der Gerichtsbarkeit durch den Rat im gleichen Jahr schloß die Ausbildung zur städtischen Selbstverwaltung ab. Um 1500 Verlegung der herzoglich-kurfürstlichen Residenz nach Dresden. 1536 Durchsetzung der Reformation in Meißen. Die Gebäude des Chorherrenstifts ließ der Kurfürst 1543 als Landesschule einrichten, die Afranische Pfarre diente ab 1545 auch als Sitz des Konsistoriums. Die Frauenkirche wurde selbständige Pfarrkirche mit Sitz eines Superintendenten, das Franziskanerkloster Stadtschule. Der letzte Bischof trat 1581 ab. Das Domkapitel bestimmte den Kurfürsten zum Administrator des Stifts. Meißens Bedeutung als Sitz der höchsten weltlichen und geistlichen Macht an der mittleren Elbe war damit erloschen, die Stadt wurde zum Verwaltungsmittelpunkt für das Kernland der alten Mark. Das Aufleben des Bürgertums und die Macht ihrer Zünfte brachte im 16. Jh. einen kurzen wirtschaftlichen Aufschwung. Mit dem 30jährigen Krieg setzte der Niedergang ein. 1637 brannten die Schweden die Hälfte der Stadt ab, 50 Jahre später waren 200 Häuser noch nicht wieder aufgebaut. Eine Erholung begann Anfang des 18. Jh. mit dem Umzug der königlichen Porzellanmanufaktur unter Johann Friedrich Böttger aus Dresden in die Räume der Albrechtsburg. Die Manufaktur erlebte mit den Malern Gregor Hörold (1720–65) und dem Porzellanplastiker Johann Joachim Kändler (1735–75) eine Blütezeit und zog auch verwandte Industriezweige wie Kachelbrennereien nach sich. Auch als Bildungsstätte machte sich Meißen in dieser Zeit einen Namen. Hervorragende Persönlichkeiten gingen aus der pädagogisch modernisierten Landes- und Fürstenschule hervor, wie Christian Fürchtegott Gellert (1715–69), Gotthold Ephraim Lessing (1715–69) und Samuel Hahnemann (1755–1843). Zur Stadtentwicklung im 19. Jh. trug entscheidend die Anbindung an das Eisenbahnnetz 1860 bei, vor allem auf der rechtselbischen Seite entstanden in dichter Folge Betriebe. 1863 übersiedelte die >> Porzellanmanufaktur in das Triebischtal. 1868 wurde die Eisenbahnbrücke über die Elbe gebaut und die Strecke über Nossen und Döbeln nach Leipzig fortgesetzt. 1871 erfolgte der Abbruch der Stadtmauer und der Anschluß des Triebischtales an die Stadt. E. 19. Jh. wuchs die Stadt auf das östliche Elbufer hinüber, viele der um Meißen liegenden Vororte wurden eingemeindet. Da Meißen im 2. Weltkrieg bis auf die Sprengung der Brücken von Zerstörungen verschont blieb, hat die Stadt bis heute ihren einzigartigen städtebaulichen Charakter behalten, jedoch hinterließ die Zeit von 1945–90 tiefe Spuren des Verfalls.

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