GREIFSWALD / Stadtgestalt
Stadtgestalt Greifswald geht auf drei am Südufer des Flusses Ryck nebeneinanderliegende Siedlungskerne zurück. Ihre Pfarrkirchen bestimmen bis heute das Fernbild der Stadt. Der historische Stadtkern in Form eines an den Ecken gerundeten, gestreckten Rechtecks wird von einem Grüngürtel umschlossen. Er entstand im 19. Jh. aus Wall und Graben des mittelalterlichen Befestigungsrings. Trotz des großflächigen Ersatzes der historischen Bebauung im wichtigen Quartier zwischen Markt und Hafen durch Plattenbauten im Zuge des „innerstädtischen Rekonstruktionsprojektes“ 1976 – 81 ist die alte Straßen- und Blockstruktur noch ablesbar. Sie zeigt die für planmäßig angelegte Städte des Lübecker Typus kennzeichnenden Parallelstraßen zum Wasser, hier mit außerordentlicher Regelmäßigkeit ausgeprägt. Ein Hauptstraßenzug, die Lange Straße, durchquert das Stadtgebiet in Ost-Westrichtung parallel zum Fluss. Von ihr gehen rechtwinklig gerade
Straßenzüge ab; die drei wichtigsten führen vom Bereich des Marktes zum Hafen. Der Marktplatz schließt in Form eines gestreckten Rechtecks an die Lange Straße an und wurde spätestens seit der herzoglichen Verfügung zur Einrichtung eines gemeinsamen Marktes 1264 zwischen den Siedlungskernen um St. Marien und St. Nikolai angelegt. In seinem westl. Teil, dem Fischmarkt, steht frei das Rathaus. Die Nikolaikirche, westl. davon durch einen niedrigen Häuserblock getrennt, wurde um 1300 mit dem Marktbereich durch eine Gasse, die Lappstraße, verbunden und steht mit ihrem späteren Chor in der Achse des wichtigen Fernhandelsweges von Stralsund, der am Ende des Hafens über den Ryck führt und sich in der Steinbecker Straße fortsetzt. Der südl. Handelsweg von Gützkow und Neubrandenburg mündet in der Mitte des Marktes.
Die dichte Bebauung mit Giebelhäusern aus Backstein z. T. in Anlehnung an Lübecker Bürgerhäuser ( >> Wohnbauten) urspr. vor allem in den regelmäßigen Baublocks zwischen Hafen und Markt. Von ihr zeugen noch um den Markt zahlreiche Keller und Brandmauern sowie einige stattliche Giebelhäuser an der Ostseite des Platzes, wo sie zusammen mit der in Schrägsicht in den Platzraum hineinwirkenden Marienkirche ein eindrucksvolles Stadtbild bieten. Der Bereich südl. des Marktes und der Nikolaikirche seit dem Mittelalter locker bebaut, z. T. durch Hofanlagen, mit aus der Straßenflucht zurückgesetzten Gebäuden, und mit Buden im Besitz des Klerus oder der Universität. Am südöstl. Stadtrand das Gelände des ehem. Franziskanerklosters, jetzt Pommersches Landesmuseum.
Die „Neustadt“ um St. Jakobi war bis um 1300 von der „Altstadt“ durch einen Stadtgraben auf der Linie der Weißgerberstraße westl. des ehem. St. Spiritus-Hospitals getrennt. An ihrer Grenze am nördl. Stadtrand das ehem. Dominikanerkloster und spätere Universitätsgelände. Der heutige Rubenowplatz südl. der Langen Straße seit E. 16. Jh. als Vorplatz des Hauptgebäudes der Universität gestaltet und um 1800 mit Linden bepflanzt. Das „neustädtische“ Gebiet ehem. wohl in Teilen lockerer beba ut; Backsteinhäuser nur vereinzelt nachgewiesen, etwa im einstigen Handwerkerviertel am Stadtgraben, zwischen Weißgerber- und Rotgerberstraße, sonst überwiegend Holz- und Fachwerkbauten.
Die Altstadtbebauung erscheint heute, soweit erhalten, vorwiegend vom Wiederaufbau im 18. Jh. und zwischen 1800 und 1830 klassizistisch überformt. Seit 2. H. 19. Jh. entstanden die Baukomplexe der >> Universität südl. des Rubenowplatzes und an der nördlichen Stadtmauer sowie öffentliche Gebäude an den Wallanlagen im Süden, meist Ziegelbauten preußischer Prägung. Gleichzeitig und besonders nach dem Bahnanschluss Erweiterung der Stadt, im Süden Ausbau der Fleischervorstadt (in der Gützkower Straße und der Langen Reihe Reste eingeschossiger ackerbürgerlicher Bebauung des 19. Jh.), im Südwesten der Fettenvorstadt. Verdichtung der Mühlenvorstadt im Osten um 1870. In den Vorstädten E. 19 ./A. 20. Jh. die Gebäude der Universitätskliniken, neugotische und vom Heimatschutz geprägte Ziegelbaukomplexe.